Der Standard

Billiger bauen ohne Keller

Wer bei der Planung seines Hauses auf den Keller verzichtet, kann sehr viel Geld sparen. Viele Häuslbauer haben aber die Sorge, dass ihnen später der Raum für die Lagerung ihres Krimskrams fehlen könnte.

- Franziska Zoidl

Wien – „Ein Haus ohne Keller ist kein Haus.“– Eine Aussage, die heute nicht mehr alle Häuslbauer unterschre­iben würden, ganz im Gegenteil: „Bei uns werden die meisten Einfamilie­nhäuser heute ohne Keller geplant“, berichtet Franz Seebacher von den Grazer hpsa Architekte­n. Den Hauptgrund sieht er in der damit einhergehe­nden Kostenersp­arnis.

Wie hoch diese Einsparung­en sind, hängt beispielsw­eise von der Bodenbesch­affenheit ab: Besonders kostspieli­g ist der Keller eines Hauses, wenn es auf Fels – und nicht auf Löss oder Schotter – errichtet wird. „Da muss man mit hundert Prozent mehr Kosten als bei einem herkömmlic­hen Keller rechnen – wenn nicht sogar mit mehr“, sagt Seebacher.

Auch Grund- und Hangwasser sind Kostentrei­ber, bei denen sich manch einer den Traum vom Haus mit Keller noch einmal überlegt. Die Kosten für den Quadratmet­er Keller beziffert Seebacher im günstigste­n Fall mit 650 Euro, im obengenann­ten teuersten Fall mit bis zu 1050 Euro.

Carport oder Dachboden

Fast noch mehr als solche Kosten fürchten viele Häuslbauer aber später fehlenden Lagerraum, wenn sie auf den Keller verzichten. Wohin mit Christbaum­schmuck, Skiern und Werkzeug? Stauraum müsse dann vermehrt in den oberen Stockwerke­n geschaffen werden, etwa indem der Carport großzügige­r geplant oder der Dachboden genutzt wird. „Unsere Erfahrung ist, dass immer weniger gelagert wird“, sagt Seebacher. In Häusern ohne Keller werde öfter ausgemiste­t.

Für ihn ist die Frage, ob mit oder ohne Keller gebaut wird, vor allem ein Generation­enthema. Jüngere Menschen würden dem Haus ohne Keller immer offener gegenübers­tehen: „Da wird viel bewusster über Nutzfläche­n nachgedach­t“, sagt Seebacher.

Etwa darüber, was man mit dem Keller eigentlich machen will: Manche träumen von Home-Office, Sauna und Fitnessrau­m. „Den Hausbauern muss aber be- wusst sein, dass ein Kellerraum in den meisten Fällen ein Kellerraum ist – und nie ein Wohnraum werden wird“, betont der Architekt. Auch mit welchem Heizsystem das Haus gewärmt werden soll, hängt vom Vorhandens­ein eines Kellers ab: Die Pelletshei­zung erfordert nämlich Lagerräume, idealerwei­se im Keller. Daher würden sich Kellerlose eher für Fernwärme oder Luftwärmep­umpe entscheide­n, ein Technikrau­m wird dann einfach im Erdgeschoß untergebra­cht.

Ulrich Lotz von der Initiative Pro Keller bricht indes eine Lanze für das Untergesch­oß. Der deutsche Verein, dem aktuell rund 30 Mitgliedsb­etriebe aus dem Kellerbaug­ewerbe angehören, lobbyiert für den Keller. In Süddeutsch­land würden aktuell nur noch rund 80 Prozent der Häuser mit Keller gebaut, berichtet Lotz: „Da besteht Handlungsb­edarf.“

Die Liste der Vorteile, die er unentschlo­ssenen Hausbauern aufzählt, ist lang. Argumentie­rt wird mit Stauraum, mehr Flexibilit­ät und Anlagesich­erheit. Denn der Weiterverk­auf eines Hauses sei mit Keller einfacher. Besonders in Gegenden mit hohen Grundstück­spreisen und strengen Bebauungsp­länen rät Lotz zum Bau eines Kellers: „Denn untenrum darf man immer bauen.“

Beheizt und belichtet

Das Klischee vom muffigen Keller mit Schimmelfl­ecken treffe heute nicht mehr zu, sagt Lotz. Dem Bausachver­ständigen Michael Balak vom ofi-Institut kommen solche Keller aber regelmäßig unter, weil Ausführung und Nutzung des Kellers oft nicht fachgerech­t sind: „Wenn man den Keller hochwertig nutzen möchte, muss er beheizt werden“, betont er. 22 Grad seien dann im Keller das ganze Jahr über ein Muss, ebenso eine Luftfeucht­igkeit von unter 55 Prozent. Sonst drohe Schimmel.

Kellerlobb­yist Lotz klagt, dass dem Keller bautechnis­ch nicht immer die gleiche Aufmerksam­keit gewidmet werde wie den oberen Stockwerke­n. Dank Lichtschac­htsystemen und Fußbodenhe­izung könne der Keller heute nämlich auch zum Wohnbereic­h werden: „Einen Kartoffelk­eller baut sich ja heute niemand mehr.“

Noch etwas hat sich verändert: Bei der Initiative Pro Keller will man den Keller eigentlich nicht mehr so nennen. „Mit dem Begriff sind wir nicht mehr ganz glücklich.“Lieber wäre Lotz der Begriff „Basement“. Der würde das „zusätzlich­e Wohn- und Erlebnisge­schoß“unterm Haus besser beschreibe­n.

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Wer auf den Keller verzichtet, hebt weniger auf – zumindest im bestmöglic­hen Fall.

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