Aufsichtsräte sehen sich als „digital-fit“an
Kienbaum hat Vorstände und Aufsichtsräte befragt: Topthema ist die Digitalisierung, obwohl die Beschäftigung damit in dieser Funktion in Österreich noch nicht intensiv ist. Diversität im Kontrollgremium ist zwar ein Thema, steht aber nicht auf der Alarmli
Wien – Rund 93 Prozent der Aufsichtsräte und Vorstände sind der Meinung, dass die Notwendigkeit von Spezialwissen auf bestimmten Gebieten der Aufsichtsratsarbeit gestiegen ist, wie die aktuelle Studie von Kienbaum unter 100 Aufsichtsräten und Vorständen in Österreich und Deutschland ergibt. Drei Viertel sind der Ansicht, dass sie sich stärker mit dem Unternehmensumfeld beschäftigen müssen und die Intensität der Sitzungsvorbereitungen zugenommen hat. Die Hälfte der Vorstände und Aufsichtsräte ist sich einig, dass der Aufsichtsrat im eigenen Unternehmen besser oder effizienter arbeiten könnte. Oftmals leidet die Aufsichtsratsarbeit beispielsweise unter der mangelhaften Vorbereitung der Mitglieder oder der Größe des Gremiums. Zu mehr Effizienz können neben einer besseren Vorbereitung der Mitglieder auch eine stärkere Prozessorientierung und Digitalisierung der Aufsichtsratsarbeit und eine stärkere Unterstützung durch das Unternehmen selbst beitragen. In manchen Fällen verspricht auch eine Verkleinerung des Gremiums fruchtbareres Arbeiten“, sagt Alfred Berger, Leiter des Bereichs Compensation & Perfomance-Management bei Kienbaum in Wien.
Das Topthema und die größte Herausforderung der Zukunft ist für Vorstand wie Aufsichtsrat die Digitalisierung. Deshalb werden sie sich in den kommenden Jahren auch stärker darauf konzentrieren, ihre strategische Orientierung neu auszurichten und sich näher mit den Produktentwicklungen ihres Unternehmens zu beschäftigen. Während sich die Vorstände zukünftig eher auf die Themen Kreativität und Erarbeitung von Visionen konzentrieren wollen, ist für die Aufsichtsräte die Besetzung strategisch beson- ders relevanter Positionen in ihrem Unternehmen ein wichtiges Zukunftsthema.
Und selbst? Die Mehrheit fühlt sich bestens vernetzt, sieht sich vollumfänglich in der digitalen Welt angekommen; digitale Anwendungen sind demnach fester Bestandteil ihres privaten und beruflichen Alltags. 46 Prozent gaben außerdem an, dass sie recht sicher im Umgang mit digitalen Medien seien, und nur drei Prozent der Studienteilnehmer fällt der Umgang mit digitalen Technologien grundsätzlich schwer. Die befragten Aufsichtsräte sehen sich mehrheitlich digital besser aufgestellt als die Vorstände.
Es zeigt sich aber ein großes Gefälle zwischen Wunsch und Wirklichkeit, denn lediglich vier Prozent der Studienteilnehmer aus Österreich und elf Prozent der deutschen Teilnehmer geben an, bereits ‚Digital Natives‘ als Mitglieder im Aufsichtsrat integriert zu haben“, sagt Alfred Berger. Trotz der positiven Selbsteinschätzung in Sachen Digitalisierung geben Vorstände und Aufsichtsräte in Österreich an, sich nur wenig mit den Themen digitale Geschäftsmodelle und IT-Infrastruktur im Aufsichtsrat zu beschäftigen, während diese Themen in den deutschen Aufsichtsräten schon angekommen sind. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland gehen die Aufsichtsräte bei den Digitalisierungsthemen jedoch davon aus, dass diese künftig an Bedeutung gewinnen würden.
Die Frage nach mehr Frauen
Und aktuell zur 30-ProzentFrauenquote ab 2018? 70 Prozent halten eine Regelung „wie in Deutschland“nicht für sinnvoll. Fast 90 Prozent haben noch keine Zielgrößen für die Aufstockung des Frauenanteils festgelegt. Allerdings könnte ein Frauenanteil von 30 Prozent bis 2020 verwirklicht werden, meinen die Studienteilnehmer und führen dazu vor allem die „Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsbedingungen und langfristige Frauenförderung“als Instrumente an.
Alfred Berger sieht die bevorstehende Quote pragmatisch: „Sie kommt, also machen wir etwas damit.“
Mit dem Fokus auf den Diversitätsaspekt Frauen verspricht er sich sinngemäß weitere Professionalisierung, weil damit die Aufmerksamkeit auf Kompetenzen und Diversität insgesamt mehr Bedeutung gewinne. (kbau)