Der Standard

Kampf um Mossul geht in entscheide­nde Phase

Irak startete Offensive auf IS im Westteil – Hunderttau­sende Zivilisten betroffen

-

Bagdad – Schon kurz nach Beginn des Sturms auf den von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) kontrollie­rten westlichen Teil der irakischen Stadt Mossul am Sonntag ließ die irakische Armee Erfolge vermelden: Armeeeinhe­iten hätten zwei Dörfer südlich des Flughafens eingenomme­n, teilte General Abdulamir Jarallah mit. Zuvor hatte die Luftwaffe nach Angaben des Verteidigu­ngsministe­riums Millionen Flugblätte­r über dem Gebiet abgeworfen, um die Bevölkerun­g zu warnen. Der IS sei auch zur Aufgabe aufgeforde­rt worden.

Mit einer schnellen Einnahme des Westteils der Stadt ist allerdings nicht zu rechnen. Im Gegenteil: Kommandant­en rechnen damit, dass die Eroberung von Westmossul deutlich schwierige­r wird als die Vertreibun­g der IS-Miliz aus dem Osten, die Ende Jänner für abgeschlos­sen erklärt wurde und mit Unterstütz­ung der AntiIS-Allianz mehr als drei Monate gedauert hatte. Der Westteil ist weitaus dichter besiedelt, die engen Gassen in der Altstadt sind für Panzerfahr­zeuge unpassierb­ar.

Schwere Aufgabe

Zugleich haben sich die ISKämpfer Berichten von Anwohnern zufolge ein Netzwerk von Durchgänge­n und Tunnels geschaffen, um schnell untertauch­en zu können. Der Befehlshab­er der von den USA angeführte­n Anti-IS-Koalition, General Stephen Townsend, warnte vor einem Kampf, „der für jede Armee der Welt hart wäre“. Geschätzte 650.000 Zivilisten leben im Stadtteil westlich des Tigris, davon etwa 350.000 Kinder. Die Vereinten Nationen warnten bereits im Vorfeld vor Massenvert­reibungen und dramatisch­en Folgen für die Einwohner. Schon jetzt sei die Lebensmitt­el-, Benzin- und Wasservers­orgung knapp. Hilfsorgan­isationen und die Regierung bereiteten bereits südlich der Stadt Notfalllag­er vor.

In Westmossul liegen die Altstadt, der alte Markt sowie die meisten Regierungs­gebäude. Der „Islamische Staat“hatte Mossul 2014 in einem blitzartig­en Vorstoß besetzt. Von der Großen Moschee aus rief IS-Chef Abu Bakr alBagdadi in einem seiner seltenen Auftritte ein Kalifat aus, das bis nach Syrien reicht. De facto ist Mossul die Hauptstadt der sunnitisch­en Extremiste­n im Irak, in Syrien ist es Raqqa. Bei einer vollständi­gen Eroberung Mossuls wäre der IS im Irak weitgehend besiegt – zuvor waren bereits die Städte Ramadi und Falluja vom IS zurückerob­ert worden.

Unterdesse­n laufen offenbar auch Vorbereitu­ngen für eine weitere Offensive zur Vertreibun­g des IS aus Raqqa. Eine türkisch-ame- rikanische Zusammenar­beit im Kampf gegen den IS war auch Gesprächst­hema beim Treffen des türkischen Premiers Binali Yildirim mit US-Vizepräsid­ent Mike Pence bei der Münchner Sicherheit­skonferenz (s. Seite 2), wo am Sonntag auch Irans Außenminis­ter Mohammed Javad Zarif sprach.

Zarif für Dialog

Zarif warb für einen verstärkte­n Dialog auch mit den sunnitisch­en Staaten am Golf. „Wir haben genügend Probleme in dieser Region, deshalb wollen wir den Dialog mit Ländern starten, die wir als Brüder im Islam bezeichnen“, sagte er in München. Eine Antwort SaudiArabi­ens, Irans Hauptkonku­rrent um die Vorherrsch­aft in der Region, folgte umgehend: Der Iran sei Teil des Problems, nicht der Lösung – und mit der Unterstütz­ung des syrischen Präsidente­n Bashar al-Assad und dem Vorgehen im Jemen bleibe Teheran eine Bedrohung, kritisiert­e der saudische Außenminis­ter Adel al-Jubeir. (red)

 ??  ?? Irakische Armeeverbä­nde rücken Schritt für Schritt von Süden in den Westen Mossuls vor. Ein langwierig­er Kampf steht bevor.
Irakische Armeeverbä­nde rücken Schritt für Schritt von Süden in den Westen Mossuls vor. Ein langwierig­er Kampf steht bevor.

Newspapers in German

Newspapers from Austria