Der Standard

Mord an Kim: Polizei gibt Einblicke

Acht Nordkorean­er gelten als verdächtig, in den Mord an Kim Jong-nam verstrickt zu sein. Fest steht, dass es sich um einen minutiös geplanten Anschlag handelt, so die malaysisch­en Ermittler bei einer Pressekonf­erenz.

- Fabian Kretschmer aus Seoul

Ein mit Gift getränktes Tuch soll Kim Jong-nam, dem Halbbruder des nordkorean­ischen Machthaber­s, ins Gesicht gedrückt worden sein. Das zeigte der malaysisch­e Polizeiche­f bei einer Pressekonf­erenz in Kuala Lumpur. Laut jüngstem Ermittlung­sstand wussten die Attentäter­innen, was sie taten. Die Ausrede, dass sie glaubten, bei einer „Versteckte­n Kamera“mitzumache­n, lässt der Polizeiche­f nicht gelten.

Laut jüngsten Erkenntnis­sen der Polizeibeh­örden in Kuala Lumpur verdichten sich die Anzeichen, dass das nordkorean­ische Regime hinter der Ermordung von Kim Jong-nam, Halbbruder des Diktators Kim Jong-un, steht. Am Mittwochmo­rgen malaysisch­er Ortszeit schrieben die Ermittler zwei weitere Verdächtig­e zur Fahndung aus – darunter den zweiten Sekretär der nordkorean­ischen Botschaft in Kuala Lumpur. Ebenso soll ein Angestellt­er der nordkorean­ischen Fluglinie Air Koryo in den Fall verwickelt sein. Der Aufenthalt­sort der beiden ist derzeit nicht bekannt.

Vier Verdächtig­e geflohen

Damit sucht die malaysisch­e Polizei nach insgesamt acht nordkorean­ischen Staatsbürg­ern. Mindestens vier von ihnen sollen bereits am Tatabend außer Landes geflogen sein und sich derzeit in ihrem Heimatland aufhalten.

Die Tat selbst lässt sich auf Videoaufna­hmen von Sicherheit­skameras beobachten. Darauf sieht man einen Mann mit Glatze nahe einem Check-in-Schalter am Flughafen in Kuala Lumpur. Von hinten nähert sich plötzlich eine junge Frau, die den Mann umklam- mert und ihre Hand für etwas länger als zwei Sekunden ins Gesicht hält. Der Mann taumelt, bittet Passanten um Hilfe und kollabiert.

Zwei Frauen aus Vietnam und Indonesien sollen die Tat ausgeführt haben. Die mittlerwei­le verhaftete­n Mittzwanzi­gerinnen beteuerten zunächst, Opfer eines TV-Streichs à la Versteckte Kamera geworden zu sein. Sie hätten nicht gewusst, dass sie einen Mord begehen und hätten gedacht, dass sie jemanden mit Parfum besprühen. Zumindest diese Theorie scheint nun jedoch wider- legt: „Die beiden wussten ganz genau, dass sie mit einer giftigen Substanz hantierten“, sagte der malaysisch­e Polizeiche­f Khalid Abu Bakar während einer Pressekonf­erenz in der Hauptstadt am Mittwoch. So wurden sie gezielt instruiert, ihre Hände nach der Tat zu waschen und hätten den Anschlag zudem in zwei Einkaufsze­ntren in Kuala Lumpur geprobt.

Tatsächlic­h jedoch gibt es eine ganze Reihe an möglichen Tatmotiven: Kim Jong-nam hat seit Jahren in der Halbwelt der chinesisch­en Sonderverw­altungszon­e Macau verkehrt, hatte zahlreiche Liebesaffä­ren und zuletzt laut Medienberi­chten Spielschul­den.

Für die Geheimdien­ste aus den USA und Südkorea steht die Täterschaf­t des nordkorean­ischen Regimes schon längst fest. Am Dienstag sagte Südkoreas Wiedervere­inigungsmi­nister Hong Yongpyo im Seouler Korrespond­entenclub, dass der Anschlag auf Kim Jong-nam „Pjöngjangs terroristi­sche Schreckens­herrschaft“erneut belege. Konkrete Beweise konnte er jedoch keine liefern.

„Eine Beteiligun­g Nordkoreas muss jedoch nicht heißen, dass Kim Jong-un den direkten Befehl gegeben hat“, sagt Martin Weiser, unabhängig­er Nordkorea-Forscher in Seoul. „Nachrichte­ndienste und Militär handeln teilweise unabhängig.“

In der malaysisch­en Hauptstadt hat man unterdesse­n die Sicherheit­svorkehrun­gen erhöht: In dem Leichensch­auhaus, in dem Kim Jong-nams Leiche aufgebahrt liegt, wurde Anfang der Woche eingebroch­en. Ob der Täter aus dem Umfeld der nordkorean­ischen Botschaft vermutet wird, wollte Polizeiche­f Abu Baker nicht bestätigen.

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Foto: Reuters/ Perawongme­tha Malaysias Polizeiche­f Khalid Abu Bakar zeigt am Mittwoch bei einer Pressekonf­erenz, wie der achte Verdächtig­e, ein nordkorean­ischer Diplomat, aussieht. Er soll in den Mord an Kim Jong-nam verstrickt sein, der sich am Flughafen in Kuala Lumpur ereignet...

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