Karas an Parteikollegen: „Neiddebatte“beenden
EU-Politiker übt Kritik an Entwurf zu Familienbeihilfe und Beschäftigungsbonus
Wien – Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, hält wenig vom Vorschlag seiner Partei, die Familienbeihilfe für jene EU-Bürger zu kürzen, deren Kinder im Herkunftsland leben. „Neiddebatte beenden. Sachlich gerechte und europäische Lösungen anstreben“, antwortete er am Mittwoch auf einen Tweet von Außenminister Sebastian Kurz. Beim geplanten Beschäftigungsbonus wiederum rief Karas Kanzler Christian Kern auf, „das Doppelspiel und die Ignoranz gegenüber unseren gemeinsamen europäischen Werten“zu beenden.
Wie berichtet, hat das Familienministerium am Dienstag einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine Indexierung der Familienbeihilfe an das Preisniveau der jeweiligen Herkunftsländer vorsieht. Auch wenn ein Gutachten im Auftrag der ÖVP zu dem Schluss kam, dass diese Vorgangsweise rechtlich zulässig sei, haben andere Experten Zweifel an der Rechtskonformität geübt.
Die EU-Kommission äußerte sich ebenfalls kritisch. Zwar wollte Kommissionssprecher Johannes Bahrke den konkreten Entwurf noch nicht bewerten, seine allgemeine Aussage ließ aber wenig Interpretationsspielraum: „Gleicher Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Ort. Das gilt ebenso für Beitragszahlungen und Beihilfen.“Im Dezember hatte bereits Sozialkommissarin Marianne Thyssen Österreich vor einem Alleingang gewarnt: „Nach geltender Gesetzgebung ist das nicht zulässig.“
2015 wurden 249 Millionen Euro für 122.000 Kinder im Ausland ausbezahlt. Auf Basis der Kaufkraftdaten von Eurostat würden sich laut APA-Berechnungen vor allem die Transferleistungen in Richtung Ungarn, Slowakei, Polen und Rumänien massiv reduzieren – und zwar um 84 Millionen Euro allein für diese Länder.
Eine Studie der EU-Kommission kam aber wie berichtet zu deutlich geringeren Einspareffekten. Befürchtet wird, dass es zu Scheinmeldungen in Österreich und zusätzlichen Verwaltungskosten kommen könnte. Die Gewerkschaft hat in der Vergangenheit gewarnt, dass generell viele Kinder nach Österreich geholt werden könnten, wenn Kürzungen im Ausland drohen.
Für Karas steht jedenfalls fest: Das „Mir san mir!“-Verhalten sei inakzeptabel. „Leide seit Jahren darunter.“(red)