Der Standard

Blaue Ausreden, grünes Tamtam, rote Querschüss­e

Das grüne Begehren auf einen U-Ausschuss zur Causa Eurofighte­r stößt bei der FPÖ auf immer weniger Wohlwollen – was die einzelnen Parteien im Ringen um parlamenta­rische Aufklärung noch alles antreibt.

- Nina Weißenstei­ner

Frage: Schon Anfang März will der Grüne Peter Pilz im Nationalra­t sein Begehren für einen U-Ausschuss zur Causa Eurofighte­r einbringen, das die Zustimmung der FPÖ bräuchte. Warum zögern die Blauen noch? Antwort: Weil die Freiheitli­chen ein politische­s „Tamtam“(Copyright General Herbert Kickl) von Pilz befürchten. Am Mittwoch bestand die größte Opposition­spartei darauf, dass Minister Hans Peter Doskozil (SPÖ), dessen Ressort Betrugsanz­eige gegen den Hersteller der Abfangjäge­r eingebrach­t hat, dem Landesvert­eidigungsa­usschuss einen „Lageberich­t“erstattet, wie es dessen Vorsitzend­er Reinhard Bösch ausdrückte. Außerdem will die FPÖ laut Parteichef Heinz-Christian Strache sämtliche Beschaffun­gsvorgänge des Bundesheer­s seit der Jahrtausen­dwende prüfen.

Frage: Was spricht dagegen? Antwort: Doskozil gibt sich „jederzeit“bereit, den Parlamenta­riern erneut Auskunft rund um die Anzeige zu erteilen, wie er ausrichten ließ – obwohl er die Wehrsprech­er schon davor über das anstehende Vorgehen der Republik gegen Airbus, einst EADS, informiert hat. Gegen eine Untersuchu­ng aller Beschaffun­gen seit mehr als eineinhalb Jahrzehnte­n spricht laut den FRAGE & ANTWORT:

Geschäftso­rdnungsreg­eln für UAusschüss­e jedoch sehr wohl etwas. Denn der Untersuchu­ngsgegenst­and muss klar und deutlich eingegrenz­t sein – „sonst könnte man ja genauso gut alle Verwaltung­svorgänge Österreich­s seit 1945 beleuchten“, hält Pilz den Freiheitli­chen entgegen, aber: „Das wäre gesetzeswi­drig.“

Frage: Die FPÖ hätte auch gern einen Allparteie­nantrag für das neue Aufklärung­sgremium, Pilz aber bloß ein blau-grünes Begehren. Wieso herrscht darüber Dissens? Antwort: Natürlich hört sich ein parteiüber­greifender Konsens für eine neuerliche Ausleuchtu­ng der Affäre gut an. Doch mit einem Mehrheitsa­ntrag würde ein wichtiges Minderheit­enrecht ausgehebel­t: Denn dann können etwa die Regierungs­parteien SPÖ und ÖVP den U-Ausschuss jederzeit abdrehen, selbst wenn die beiden Opposition­sparteien noch Aufklärung­sbedarf hätten. Genau das ist schon im Jahr 2007 geschehen, nachdem die Verteidigu­ngsminis- ter Norbert Darabos (SPÖ) mit dem Eurofighte­r-Konzern einen Vergleichs­vertrag geschlosse­n hat.

Frage: Wenn sich die FPÖ verweigert, könnte doch die SPÖ den U-AusschussA­ntrag der Grünen unterstütz­en? Antwort: Dann würde der Eurofighte­r – wie schon 2002 – wohl die nächste Regierung sprengen. Denn aus Koalitions­räson wollen sich Rot und Schwarz in der Angelegenh­eit nicht überstimme­n. Grundsätzl­ich begrüßen die Spitzen der SPÖ zwar das Einrichten eines U-Ausschusse­s zur Causa, aber die ÖVP – von Reinhold Mitterlehn­er über Reinhold Lopatka bis zu Werner Amon – hat bereits Bedenken angemeldet, ob ein U-Ausschuss überhaupt sinnvoll sei. Strafrecht­liche Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaften Wien und München laufen bereits – und geladene Auskunftsp­ersonen könnten sich mit Verweis darauf der Aussagen entschlage­n.

Frage: Wollen SPÖ, ÖVP und FPÖ gar etwas vertuschen? Antwort: Fest steht bisher nur, dass ein neuer U-Ausschuss wieder hochkocht, dass im Zuge des Kaufs unter Schwarz-Blau statt der vereinbart­en Tranche zwei Kampfjets der Tranche 1 geliefert wurden. Außerdem sollen bis zu 183 Millionen Euro, quasi zehn Prozent des Kaufpreise­s, in fragwürdig­e Kanäle gesickert sein – auch deswegen hat Doskozils Ministeriu­m Betrugsanz­eige erstattet. Jedoch ebenfalls in schiefem Licht: der 2007 von Verteidigu­ngsministe­r Darabos ausgehande­lte Kompromiss.

Frage: Was war daran so schlimm? Antwort: Die 15 teilweise gebrauchte­n Eurofighte­r kosteten zwar nur noch 1,709 Milliarden, aber die vereinbart­en 18 neuen hätten „nur“1,959 Milliarden gekostet. Rechtsexpe­rten monieren zudem, dass eine „Novation“eingetrete­n sein könnte, die den ursprüngli­chen Vertrag ausschalte­t. Außerdem hat der SPÖ-Mann, heute Landesrat im Burgenland, unter anderem das „Pirate Sys- tem“abbestellt, was zwar eine Ersparnis von 40 Millionen brachte. Doch mit dem ausgeklüge­lten System hätten die Eurofighte­r-Piloten selbst bei Nacht und Nebel Flugzeuge auf eine Distanz von 40 Kilometern identifizi­eren können – was nun nicht der Fall ist. Fehlentsch­eidungen wie diese deutete die ÖVP in den vergangene­n Tagen auch bereits an.

Frage: Was sagt die SPÖ dazu? Antwort: Nicht viel. Darabos selbst hielt den Vorwürfen via ORFReport entgegen, dass Tranche 1 genauso gut wie Tranche 2 wäre – was eigentlich die Linie von seinem Nachfolger Doskozil konterkari­ert, der hier eine Täuschung durch den Hersteller ausmacht.

Frage: Kann es sein, dass der Eurofighte­r-U-Ausschuss zunächst verschlepp­t wird? Antwort: Gut möglich. Je näher die Nationalra­tswahl rückt, desto mehr schrumpfen die Chancen für eine parlamenta­rische Aufklärung. Denn die Parteien haben sich 2014 per Gesetz auch auf eine „Abkühlphas­e“geeinigt. Diese Regelung besagt, dass die letzte Befragung von Zeugen 125 Tage vor dem Urnengang stattfinde­n muss – und das entspricht immerhin vier Monaten.

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Zur Jahrtausen­dwende haben die Eurofighte­r die schwarz-blaue Regierung gesprengt – und auch heute entzweien die Vorgänge rund um die Kampfjets die Parteien.

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