Schwieriger Prozess um Morde im syrischen Bürgerkrieg
Ein staatenloser palästinensischer Asylwerber soll 20 syrische Soldaten im Bürgerkrieg getötet haben und steht nun dafür in Innsbruck vor Gericht. Die Anklage fußt angeblich auf seinen eigenen Aussagen. Er bestreitet das aber, verweist auf Übersetzungsfeh
Innsbruck – Vermummte Polizisten führen den Angeklagten in den Innsbrucker Schwurgerichtssaal. Dem 27-jährigen staatenlosen Asylwerber wird die terroristische Straftat des 20-fachen Mordes an verwundeten und wehrlosen Soldaten im syrischen Bürgerkrieg vorgeworfen. Die Anklage fußt auf Angaben, die er selbst in Verhören mit dem Verfassungsschutz gemacht haben soll. Er bestreitet dies aber und verweist auf Übersetzungsfehler durch Dolmetscher. Er habe nur beschrieben, was im syrischen Bürgerkrieg passiert, der Dolmetscher habe diese Taten in der Folge ihm unterstellt. Zeugen für die Tötungsdelikte oder Opfer gibt es nicht.
Der Angeklagte ist Palästinenser, geboren und aufgewachsen in einem Flüchtlingslager im syrischen Homs. Er und seine Brüder hätten sich 2011 an Protesten gegen das Assad-Regime beteiligt. Dadurch seien sie ins Visier des Regimes geraten. Seine Brüder seien ermordet worden, woraufhin ihn seine Mutter zur Flucht gedrängt habe. Im Mai 2015 kam er nach Österreich.
An Kämpfen gegen die syrische Armee habe er sich aber nie direkt beteiligt. Er sei lediglich kurzzeitig Mitglied der Faruq-Brigaden gewesen, die der Freien Syrischen Armee zugerechnet werden. Er habe aber nur eine Kalaschnikow von ihnen erhalten, um sich und seine Familie im Notfall selbst verteidigen zu können. Eine terroristische Organisation seien die Faruq-Brigaden nicht, sagt der Sachverständige Guido Steinberg.
Die Geschworenen sehen sich mit einer äußerst verworrenen Faktenlage konfrontiert. Verständigungsprobleme zwischen Angeklagtem und Gericht ziehen sich durch die Befragung. Immer wieder muss der Dolmetscher nachfragen. Es ist mehrmals unklar, ob der Angeklagte seinen ersten Aus- sagen vor der Polizei widerspricht oder ob es sich um bloße Verständigungsprobleme handelt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die vermeintlichen Taten vor dem chaotischen Hintergrund des syrischen Bürgerkriegs abgespielt haben sollen.
„Es ist völlig normal in diesem Konflikt, dass Gefangene ermordet werden. Egal von welcher Seite“, erklärt der Sachverständige. Ein geladener Zeuge, der ebenfalls ein palästinensischer Asylwerber aus Syrien ist, gibt an, den Angeklagten von zu Hause zu kennen, wo dieser als Kämpfer aktiv gewesen sei. Er habe dies aber nur gehört, nicht gesehen. Der junge Mann behauptet, die Faruq-Brigaden seien Teil der al-Nusra-Front, die wiederum Al-Kaida zugerechnet wird. Der Sachverständige widerspricht dem, das sei die Darstellung des syrischen Regimes.
Für den Anwalt des Angeklagten, László Szabó, sind die Vorwürfe gegen seinen Mandaten „sehr dünn“. Er zeigt kein Verständnis für die Eile des Gerichtes, das für die Verhandlung nur einen Tag angesetzt hat. Dann bricht der Angeklagte im Schwurgerichtssaal zusammen, nachdem ein Zeuge behauptet hat, seine Mutter sei in Syrien verstorben. Der Prozess wird auf 28. März vertagt.