Der Standard

Östliche Nachbarn zweifeln an westlichen Lebensmitt­eln

Heimische Lebensmitt­elindustri­e wehrt sich gegen Vorwürfe, im Osten mindere Qualität zu verkaufen

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Wien – Österreich­s östliche Nachbarn würden mit zweitklass­igen Nahrungsmi­tteln aus dem Westen abgespeist: So lautet der wenig freundlich­e Befund der ungarische­n Nahrungsmi­ttelsicher­heitsbehör­de Nebih.

Laut einem Bericht der Presse hat die Behörde mehrere Markenarti­kel einem Vergleichs­test unterzogen. Neben dem heimischen Exportschl­ager, dem MannerWaff­erl, etwa Packerlsup­pen von Knorr oder Coca-Cola. Die Manner-Schnitten seien weniger knusprig, das Coca-Cola schmecke in Budapest weniger reich und komplex, urteilt Nebih.

Auch Tschechien­s Landwirtsc­haftsminis­ter Marian Jurečka hegt einen ähnlichen Verdacht. Laut der Prager Tageszeitu­ng Mladá fronta Dnes enthalte etwa lös- licher Kaffee in Tschechien ein Drittel weniger Koffein als das in Deutschlan­d gekaufte Produkt. „Die Leute regen sich auf, weil ausländisc­he Produkte mindere Qualität haben und auch noch teurer sind als in Österreich oder Deutschlan­d, obwohl hier die Kaufkraft geringer ist“, bestätigt eine Slowakin, dass auch Bürger ihres Landes das Thema bewegt.

Verbrauche­rschützer mutmaßen, vermeintli­ch unkritisch­eren Verbrauche­rn im Osten würden von den Konzernen aus Kostengrün­den minderwert­igere Lebensmitt­el angedreht. In Österreich zeigt man sich verwundert. Oskar Wawschinek vom Fachverban­d der Lebensmitt­elindustri­e hält die Studien auf STANDARD- Anfrage „höflich gesagt für hinterfrag­enswert“. Möglich, dass man dabei Äpfel mit Birnen verglichen und zu Handelsmar­ken gegriffen habe, glauben andere. Bei Markenprod­ukten gäbe es genau ein Rezept, so Wawschinek. „Bei Manner ist immer Manner drin.“Das betont auch der Wiener Waffelprod­uzent in der Presse. Mittelstän­dler könnten sich anderes schon aus produktion­stechnisch­en Gründen nicht leisten, so Wawschinek.

Und große Markenarti­kler? Tatsächlic­h passen manche ihre Produkte regionalen Märkten an. So ist etwa Nutella in Frankreich flüssiger als in Deutschlan­d, damit es sich gut ans Weißbrot schmiegt. Mit Qualität habe das rein gar nichts zu tun, sagt Wawschinek. „Man muss den Geschmack des Landes treffen.“Auch bei der zum Heineken-Konzern gehörenden Brau-Union, Marktführe­r unter den Bierbrauer­n, betont man das Ein-Rezeptfür-alle-Konzept. Wenn ein Markenprod­ukt in einem anderen Land gebraut werde, „müssen die sich an das vorgegeben­e Rezept halten“, sagt Sprecherin Gabriela Straka. „Heineken ist immer das gleiche Bier, mit gleichen Inhaltssto­ffen, in allen Ländern der Welt.“Allenfalls die Wasserhärt­e könne sich unterschei­den. Tschechien­s Minister Jurečka hat da seine Zweifel. Er will auf EU-Ebene gegen Benachteil­igung kämpfen.

Oskar Wawschinek liest die Diskussion auf zweierlei Art: Die jeweiligen Politiker wollen den Konsumente­n Regionalit­ät schmackhaf­t machen, lautet die freundlich­e. Die weniger charmante: Populismus­keule ohne sachlichen Hintergrun­d. (rebu)

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