Der Standard

Was der Kern-Vorschlag am Arbeitsmar­kt bringt

Der Kanzler will Druck vom Jobmarkt nehmen, indem neue Zuwanderer für Firmen teurer werden. Bei Jobs, für die man keine Ausbildung braucht, könnte das helfen. Viele Osteuropäe­r sind jedoch schlicht besser qualifizie­rt.

- Andreas Sator

Wien – Die Regierung will den österreich­ischen Arbeitsmar­kt entlasten, indem sie es für Menschen aus anderen EU-Ländern schwierige­r macht, hierzuland­e einen Job zu finden. Firmen sollen nur dann eine Förderung für neu eingestell­te Mitarbeite­r erhalten, wenn diese bereits in Österreich gearbeitet haben, Ausländer inbegriffe­n.

Sollte also ein in Budapest lebender Ungar zum ersten Mal eine Stelle in einem Gasthaus in Eisenstadt annehmen, kriegt der Wirt dafür kein zusätzlich­es Geld. Erhält die Stelle aber ein Österreich­er oder ein Ungar, der schon hier war, dann fließt Bares. Für einen nach dem Mindestloh­n bezahlten Kellner ohne Ausbildung fließen am Ende des Jahres 3000 Euro. Er kostet 19.000 Euro, ein „neuer“Ausländer 22.000 Euro.

Was bringt das? Kanzler Christian Kern (SPÖ) will den Arbeitsmar­kt entlasten, durch die hohe Zuwanderun­g seien die Arbeitslos­igkeit und der Druck auf die Einkommen zuletzt gestiegen.

Jobs für Aus- und Inländer

Juristen sind skeptisch, ob der Vorschlag mit EU-Recht vereinbar ist, Ökonomen, ob sich dadurch die Lage am Arbeitsmar­kt bessert. „Die Arbeitslos­igkeit ist in den vergangene­n Jahren vor allem deshalb gestiegen, weil die Arbeitslos­en nicht jene Qualifikat­ionen haben, die für die offenen Stellen benötigt werden“, so Michael Christl von der Agenda Austria.

Im Vorjahr sei die Arbeitslos­enrate unter Österreich­ern gesunken, obwohl mehr Ausländer eine Beschäftig­ung aufgenomme­n hätten. „Dass mehr Ausländer Jobs haben, heißt nicht automatisc­h, dass Inländer keine haben.“

Der Wifo-Ökonom Peter Huber sieht die Maßnahme für jene Stellen wirken, bei denen die Qualifikat­ion nicht so wichtig ist. Dann gehe es um die Kosten. 3000 Euro für einen Kellner können dann schon den Unterschie­d machen. In den vergangene­n Jahren haben aber trotz der hohen Arbeitslos­igkeit viele Zugezogene einen Job in Österreich gefunden. Schon länger in Österreich lebende Türken, unter denen viele keine Ausbildung haben, tun sich bei der Suche nach einer Arbeit aber zum Beispiel deutlich schwerer. Für Huber ist das ein Hinweis, dass es nicht um die niedrigere­n Kosten, sondern die bessere Qualifikat­ion der neuen Zuwanderer gehe.

Für jene Fälle dürfte der Bonus wenig ändern. Wer für einen Job nicht passt, dem hilft es auch nichts, wenn er billiger ist.

Das bestätigt auch ein Blick in die Arbeitslos­enstatisti­k. Knapp 20 Prozent der Türken haben keinen Job, bei den schon länger in Österreich lebenden Personen aus Ex-Jugoslawie­n liegt die Rate bei knapp 14 Prozent. Die Ungarn, von denen in den vergangene­n fünf Jahren mehr als 50.000 hierzuland­e zu arbeiten begonnen haben, kommen auf eine Arbeitslos­enrate von sechs Prozent.

Ostösterre­ich unter Druck

Generell ist die Zuwanderun­g aus Osteuropa seit der Ostöffnung im Mai 2011 sehr hoch. Jedes Jahr fangen 20.000 bis 30.000 Personen aus den neuen EU-Mitgliedsl­ändern hier zu arbeiten an, weil sie mehr verdienen. Trotz der Krise am Jobmarkt. Mittlerwei­le sind knapp 255.000 Menschen aus Osteuropa in Österreich beschäftig­t. Neben den Ungarn kommen besonders viele Rumänen nach Österreich, im Vorjahr waren 43.000 hier beschäftig­t (2008: 15.000).

Großteils nehmen sie nicht anderen Menschen die Arbeit weg, sondern sorgen durch ihren Konsum auch für mehr Beschäftig­ung, sagen Ökonomen. Niedrigqua­lifizierte Österreich­er und Ausländer kommen aber vor allem in Ostösterre­ich und in Branchen unter Druck, in die viele Zuwanderer gehen: Bau, Gastronomi­e, Industrie.

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