Der Standard

Plasma aus dem Armenviert­el

- Stefan Weiss

Blutspende­n rettet Leben. Zu Recht können jene, die bis zu einmal monatlich den Weg in die Spendezent­ralen des Roten Kreuzes antreten, sich als Helden des Alltags fühlen. Aber es gibt auch eine dunkle Seite der Blutindust­rie. Die Arte-Dokumentat­ion Das Geschäft mit dem Blut zeigt sie auf.

Plasma, der eiweißreic­he Hauptbesta­ndteil des Blutes, wird unter anderem zur Herstellun­g teurer Medikament­e benötigt. Das Rote Kreuz verdient gut daran, den begehrten Rohstoff in großen Mengen an Pharmaunte­rnehmen zu verkaufen. Doch dabei bleibt es nicht. Die Nachfrage wird auch am freien Markt gestillt.

Das Recherchet­eam heftet sich an die Fersen eines Schweizer Pharmabetr­iebs und macht bekannt, dass der Großteil des dort verarbeite­ten Plasmas von privaten Firmen aus den USA zugekauft wird.

Den Weg des Blutes zurückverf­olgend, landet man im Armenviert­el von Cleveland. Dort haben Firmen wie Octapharma ihre Spendezent­ralen eingericht­et und profitiere­n von einem in sich geschlosse­nen System der Verelendun­g. Menschen, die unter der Armutsgren­ze leben, lassen sich für 200 Dollar im Monat zweimal wöchentlic­h Blut abzapfen – wie am Fließband, bis zur körperlich­en Erschöpfun­g. Viele finanziere­n mit den bezahlten Spenden auch ihre Drogensuch­t – für Dealer ein lukrativer Kreislauf.

Rund 70 Prozent des weltweiten Plasmamark­ts werden von den USA auf diese Weise bedient, der Großteil geht nach Europa. „Das Blut des Armen im Arm des Reichen“, resümiert die Doku, in der zahlreiche Kritiker des globalen Plasmahand­els bis hin zur WHO zu Wort kommen. Das beharrlich­e Schweigen aufseiten der Profiteure spricht ebenso Bände. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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