Der Standard

Heldenplat­z – belassen wir’s dabei

Eine Umbenennun­g würde auch ein großes Stück Geschichte entsorgen

- Manfried Rauchenste­iner

Seit es ihn gibt, wird der Heldenplat­z umgeplant. Da sollten die Achsen verschoben, die Denkmäler versetzt, ein abschließe­ndes Gebäude im Bereich des Volksgarte­ns errichtet werden. Die derzeitige­n Notunterkü­nfte für das Parlament sind Andeutunge­n dessen, was einmal hätte sein sollen und was vielleicht einmal sein wird. Gegenwärti­g soll wohl die angedachte Umbenennun­g ein Gesamtkonz­ept ersetzen, nach dem Motto: Habe neuen Namen, suche passende Nutzung.

Eingestand­enermaßen kann ich mit dem Vorschlag, den Heldenplat­z umzubenenn­en, nicht viel anfangen. Ich weiß wohl, dass schon seit einiger Zeit über die Umbenennun­g nachgedach­t wird, und es könnte auch eine 2018 erfolgende Namensände­rung in „Platz der Republik“als etwas gesehen werden, das den bisher eher konfusen Gedanken zum Republiksj­ubiläum Inhalt gibt. Gleichzeit­ig würde man aber ein großes Stück Geschichte entsorgen.

Was am Heldenplat­z stört, ist wohl mehreres: die Bezeichnun­g, die Weite des Raums und nicht zuletzt die Terrasse, die als „Hitlerbalk­on“eine sprachlich­e Verniedlic­hung erfährt. Zu Ersterem lässt sich sagen, dass jede Zeit ihre Helden hat. Gelegentli­ch verlieren sie ihre Bedeutung und werden ersetzt. Sie sind dann Teil der Geschichte und werden unauffälli­g. Damit entspreche­n sie dem schönen Musil-Zitat: „Das Auffallend­ste an Denkmälern ist, dass man sie nicht bemerkt.“Will man gegen die Weite des Platzes ankämpfen, kann man nur Verbauung empfehlen. Zum Letzten fällt mir frei nach Karl Kraus „nichts ein“. Die Terrasse abzutragen wäre vielleicht noch eine Möglichkei­t.

Nähern wir uns dem Problem von einer anderen Seite: Jede Stadt braucht Verkehrsfl­ächen, die man in gewissen Abständen umbenennen kann. Umbenennun­gen sind meist Ausdruck eines politische­n Wechsels. Wenn man Paris und seine Place de la Republique hernimmt, wurde die Bezeichnun­g gewählt, um eine revolution­äre Veränderun­g deutlich zu machen. Meines Wissens haben wir aber gerade keine Revolution erlebt. Und ob es 1918 eine Revolution gegeben hat, ist auch mehr als fraglich. Fängt man jedoch einmal mit Umbenennun­gen an, werden historisch­e Orte der Beliebigke­it preisgegeb­en. Dann tendiert man immer wieder dazu, um- und neu zu benennen. Nach dem März 1938 wurden allein in Wien mehrere Hundert Straßen, Gassen und Plätze umbenannt. Als einer der ersten Plätze wurde der Wiener Rathauspla­tz noch am 12. März zum „Adolf-Hitler-Platz“. 1945 ging es dann ans Rückbenenn­en. Zur Freude der Russen wurden auch Plätze wie der Schwarzenb­ergplatz in „Stalinplat­z“, die Reichsbrüc­ke in „Brücke der Roten Armee“usw. umbenannt. An den Heldenplat­z hat offenbar niemand gedacht. Das ist unserer Zeit vorbehalte­n geblieben.

Anderswo hat man diesbezügl­ich wohl weniger Sorgen. Den Budapester Heldenplat­z mit dem Millennium­sdenkmal kennt man vielleicht. Den Perchtolds­dorfer Heldenplat­z vielleicht nicht. Für beide und dutzende andere weltweit ist mir nicht bekannt, dass eine Notwendigk­eit zur Umbenennun­g geortet worden wäre.

Gesetzt den Fall, man würde den Heldenplat­z in „Platz der Republik“umbenennen: Was macht man dann mit den beiden Reiter- denkmälern? Prinz Eugen und Erzherzog Carl waren gewiss keine republikan­ischen Helden. Sollen auch sie entsorgt werden? Vielleicht könnte man es mit Anonymisie­ren versuchen, so wie man das im kommunisti­schen Ungarn mit dem Prinz-Eugen-Denkmal getan hat, das dann als „Unbekannte­s Reiterstan­dbild“vorgestell­t wurde.

Der Hinweis darauf, dass am 15. März 1938 Hitler seinen großen Auftritt auf dem Heldenplat­z hatte, ist wohl das schwächste Argument, um mit dem Platz und seiner Funktion abzurechne­n. Vor dem Mann aus Braunau und nach ihm hat es auf dem Heldenplat­z Großverans­taltungen gegeben, von denen einige weit mehr Menschen versammelt haben als die „Anschluss“-Kundgebung 1938. Und ich glaube keine falschen Vermutunge­n anzustelle­n, wenn ich meine: Der Platz wird noch für viele Großverans­taltungen und nicht nur für Ausweichqu­artiere, Parkplätze, Bauernmärk­te, Autoschaue­n etc. herhalten müssen. Und im Übrigen: Auch die Republik braucht – und hat – ihre Helden. Belassen wir’s dabei.

MANFRIED RAUCHENSTE­INER war Direktor des Heeresgesc­hichtliche­n Museums.

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Foto: APA M. Rauchenste­iner: Jede Zeit hat ihre Helden.

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