Der Standard

KOPF DES TAGES

Eiserne Lady der rumänische­n Justiz

- Laura Balomiri

Über kaum jemand anderen in der rumänische­n Öffentlich­keit gehen die Meinungen so auseinande­r wie bei der obersten Antikorrup­tionsstaat­sanwältin Laura Codruta Kövesi. Seit 2013, als sie die Leitung der Behörde übernahm, steht die „eiserne Lady der rumänische­n Justiz“im Kreuzfeuer zweier Lager: Für Politiker, die mit dem Gesetz auf Kriegsfuß stehen und tatsächlic­h um ihre Freiheit fürchten müssen, ist Kövesi die „stalinisti­sche Staatsanwä­ltin“, die ihre Macht als „politische Keule“missbrauch­t. Von progressiv­eren Kreisen hingegen wird sie als Symbolträg­erin eines Mentalität­swandels gefeiert, immer wieder wird sie mit höchsten in- und ausländisc­hen Auszeichnu­ngen geehrt.

In ihrer Jugend war Kövesi Mitglied des rumänische­n Basketball-Nationalte­ams. Später machte sie sich als Juristin einen Namen und wurde als erste Frau – und jüngste Besetzung auf diesem Posten – rumänische Generalsta­atsanwälti­n. Nun, als Chefin der Antikorrup­tionsstaat­sanwaltsch­aft DNA, hat die 43-jährige geschieden­e Frau einen Alltag, dessen reale Kabalen jene in TV-Serien à la House of Cards weit übertreffe­n: Sie ermittelt gegen Clanbosse, die den Präsidente­nbruder bestechen, um Verwandte aus dem Ge- fängnis freizukauf­en; sie geht gegen einen amtierende­n Premiermin­ister wegen Fälschung, Geldwäsche und Interessen­konflikts vor; sie legt sich mit Giganten wie Microsoft oder zehn Exminister­n und deren Verbündete­n an, die für Vertragsve­rgaben jahrelang Schmiergel­der einsteckte­n; sie kommt israelisch­en Agenten auf die Schliche, die sie verfolgten und ausspionie­rten – im Auftrag eines ehemaligen Geheimdien­stoffizier­s, gegen den ihre Behörde ermittelte.

Ein Plagiatsvo­rwurf bezüglich ihres Doktorats endete glimpflich, die problemati­schen Passagen machten nur einen geringen Teil aus. Im wohl schwierigs­ten Moment ihrer Amtszeit musste sie kürzlich erleben, dass die Antikorrup­tionsgeset­ze so entkräftet wurden, dass angeklagte und sogar verurteilt­e Politiker faktisch Straffreih­eit genossen hätten. Dass eine riesige Protestbew­egung den Rückzieher der Regierung erzwang, ist auch ein Triumph für sie.

Kövesi findet, dass sie „den schönsten Job der Welt“hat. Sie sieht ihn als „Chance, die ich und meine Generation­skollegen haben, die Dinge zu verbessern“. Ihr hat Rumänien zu verdanken, dass es nicht nur als korruptest­es Land Europas, sondern auch als Vorbild für kompromiss­lose Korruption­sbekämpfun­g gilt.

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Foto: AFP Laura Codruta Kövesi macht sich im Kampf gegen Korruption viele Feinde.

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