Der Standard

Protest gegen Abschiebun­g von München nach Afghanista­n

Die dritte Sammelabsc­hiebung abgelehnte­r Asylwerber von Deutschlan­d nach Afghanista­n sorgt für Proteste. Doch Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) hält die Maßnahme für „vertretbar“. Zudem beschloss die Regierung gerade Erleichter­ungen bei Rückführun­gen

- Birgit Baumann aus Berlin

„Seehofer, fliegen Sie heute mit? Keine Abschiebun­gen nach Afghanista­n!“, stand auf einem Transparen­t vor der bayerische­n Landesvert­retung in Berlin, „Bitte lassen Sie nicht zu, dass die Taliban uns weiterhin töten“auf einem anderen, das in Stuttgart zu sehen war. Am Flughafen München, von wo am Mittwochab­end 18 abgelehnte Asylbewerb­er nach Afghanista­n geflogen wurden, protestier­ten schließlic­h 250 Menschen gegen die Sammelabsc­hiebung.

Es ist die dritte, die in diesem Jahr in Deutschlan­d angeordnet worden ist. Die 18 Personen stammen aus Bayern, Baden-Württember­g, Hessen, Hamburg, SachsenAnh­alt und Rheinland-Pfalz. „Es handelte sich um alleinsteh­ende junge Männer, darunter auch Straftäter“, hieß es im bayerische­n Innenminis­terium.

Protest gegen die Abschiebun­gen gibt es aber nicht nur auf der Straße, sondern auch im Bundestag. „Afghanista­n ist nicht sicher, das sagt nicht nur das UNHCR, sondern das zeigt auch die Erfahrung der ersten beiden Sammelabsc­hiebungen“, sagt Grünen-Spitzenkan­didatin Katrin GöringEcka­rdt. Die Linke protestier­t ebenfalls gegen diese Maßnahme.

Lage nicht unsicher

Innenminis­ter Thomas de Maiziére (CDU) verteidigt die Abschiebun­gen nach Afghanista­n hingegen als „vertretbar“. Dies gelte unter anderem für den Norden des Landes. „Auch in Kabul kann man nicht sagen, dass dort insgesamt die Lage so unsicher ist, dass man die Leute da nicht hinschicke­n könnte“, meint er. Das von SPD, Grünen und dem Südschlesw­igschen Wählerverb­and regierte Schleswig-Holstein setzt hingegen erzwungene Ausreisen Richtung Afghanista­n für drei Monate aus.

In Berlin hat die Bundesregi­erung gerade den Gesetzentw­urf „zur besseren Durchsetzu­ng der Ausreisepf­licht“beschlosse­n, um leichter abschieben zu können. Die Maßnahmen sind eine Reaktion auf das Weihnachts­marktatten­tat am Berliner Breitschei­dplatz, den Anis Amri, ein abgelehnte­r Asylwerber aus Tunesien, verübt hatte.

Blick ins Handy

Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e soll das Recht bekommen, Handys, Tablets und Laptops auszuwerte­n, wenn die Personen keine Papiere haben, um Hinweise auf die Staatsbürg­erschaft zu erhalten. Die SPD betont, diesen Plan de Maizières im Bundestag dahingehen­d präzisiere­n zu wollen, dass dies nur in Einzelfäll­en möglich sein werde. Der Minister hatte erklärt, im Jahr 2016 wäre die Auswertung dieser persönlich­en Daten bei 150.000 Personen angebracht gewesen.

Weitere Maßnahmen: Ausreisepf­lichtigen Personen, von denen eine „erhebliche Gefahr“für die innere Sicherheit ausgeht, kann eine Fußfessel angelegt werden. Der Ausreisege­wahrsam zur Sicherung von Abschiebun­gen soll von maximal vier auf zehn Tage verlängert werden können. Dadurch können nach Meinung der Regierung Sammelabsc­hiebungen besser vorbereite­t werden.

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Am Flughafen München protestier­ten rund 250 Menschen gegen die dritte Sammelabsc­hiebung nach Afghanista­n in diesem Jahr.

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