Der Standard

Die Gruppenver­gewaltigun­g der „leblosen Puppe“

Zweiter Verhandlun­gstag gegen neun Iraker, die betrunkene 22-Jährige vergewalti­gt haben sollen

- Michael Möseneder

Wien – „Für Sie war sie eine leblose Puppe?“, will Petra Poschalko, Vorsitzend­e des Schöffense­nats, von Mustafa A. wissen. „Ja, sie war ein Mensch, aber ich habe ihr Gesicht im Dunkeln nicht gesehen“, antwortet der 23-Jährige. Er ist einer von neun Angeklagte­n, die am Morgen des 1. Jänner 2016 in Wien eine schwerbetr­unkene 22-jährige Touristin in eine Wohnung gelotst und dort mehrfach vergewalti­gt haben sollen.

Vorsitzend­er Poschalko gebührt Lob, sie leitet die Verhandlun­g ruhig und sachlich, lässt die angeklagte­n Iraker erzählen. Zwei von ihnen bekennen sich schul- dig, der Rest will entweder gar nicht in der fraglichen Wohnung gewesen sein oder nichts getan haben. Von sechs Angeklagte­n wurde allerdings Sperma oder andere DNA-Spuren sichergest­ellt. Die Vorgeschic­hte: Das Opfer feierte auf dem Silvesterp­fad und scheint ziemlich viel getrunken zu haben. Einige der Angeklagte­n fanden sie halb bewusstlos und brachten sie in die Wohnung in Wien-Leopoldsta­dt. Dort sollen sie die junge Frau der Reihe nach vergewalti­gt und die Desorienti­erte schließlic­h am frühen Morgen zu einer Straßenbah­nstation gebracht haben – laut Anklage nicht, ohne zuvor noch Selfies mit ihr zu machen.

„Was war Ihr Beweggrund?“, will Poschalko von Mustafa A. wissen. „Es ist wie gewöhnlich.“– „Was heißt das?“– „Ich habe noch nie mit einer Frau geschlafen, wollte es ausprobier­en.“Ein anderer Angeklagte­r bestreitet, in der Wohnung gewesen zu sein. „Was sagen Sie dazu, dass die anderen Sie belasten?“, will die Vorsitzend­e wissen. „Wir hatten im Irak schon familiäre Probleme. Es geht um einen Erbschafts­streit.“Am Ende sagt er plötzlich: „Ich will mich verteidige­n! Ich bin verheirate­t und habe drei Kinder. Ich schlafe nur mit meiner Frau!“Im gleichen Atemzug erzählt er auch, er habe jeweils eine Freundin in Steyr und Ried, das seien aber nur platonisch­e Beziehunge­n.

Zu einer Überraschu­ng gerät der Auftritt jenes Angeklagte­n, der die anderen bisher massiv belastet hat. Plötzlich will Nael A. sich an nichts mehr erinnern können. Er sei damals sturzbetru­nken gewesen, habe bei der Polizei zu allem nur Ja gesagt und außerdem habe er psychische Probleme.

Sein Verteidige­r bittet um eine Unterbrech­ung, um sich mit seinem Mandanten besprechen zu können. Nach der Rückkehr sagt der 22-Jährige: „Ich will etwas richtigste­llen.“Und bestätigt, dass er im Großen und Ganzen bei der Polizei die Wahrheit gesagt habe. „Ich habe gesehen, dass einer nach dem anderen in das Zimmer reingegang­en ist“, schildert er. Wird fortgesetz­t.

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