Die Gruppenvergewaltigung der „leblosen Puppe“
Zweiter Verhandlungstag gegen neun Iraker, die betrunkene 22-Jährige vergewaltigt haben sollen
Wien – „Für Sie war sie eine leblose Puppe?“, will Petra Poschalko, Vorsitzende des Schöffensenats, von Mustafa A. wissen. „Ja, sie war ein Mensch, aber ich habe ihr Gesicht im Dunkeln nicht gesehen“, antwortet der 23-Jährige. Er ist einer von neun Angeklagten, die am Morgen des 1. Jänner 2016 in Wien eine schwerbetrunkene 22-jährige Touristin in eine Wohnung gelotst und dort mehrfach vergewaltigt haben sollen.
Vorsitzender Poschalko gebührt Lob, sie leitet die Verhandlung ruhig und sachlich, lässt die angeklagten Iraker erzählen. Zwei von ihnen bekennen sich schul- dig, der Rest will entweder gar nicht in der fraglichen Wohnung gewesen sein oder nichts getan haben. Von sechs Angeklagten wurde allerdings Sperma oder andere DNA-Spuren sichergestellt. Die Vorgeschichte: Das Opfer feierte auf dem Silvesterpfad und scheint ziemlich viel getrunken zu haben. Einige der Angeklagten fanden sie halb bewusstlos und brachten sie in die Wohnung in Wien-Leopoldstadt. Dort sollen sie die junge Frau der Reihe nach vergewaltigt und die Desorientierte schließlich am frühen Morgen zu einer Straßenbahnstation gebracht haben – laut Anklage nicht, ohne zuvor noch Selfies mit ihr zu machen.
„Was war Ihr Beweggrund?“, will Poschalko von Mustafa A. wissen. „Es ist wie gewöhnlich.“– „Was heißt das?“– „Ich habe noch nie mit einer Frau geschlafen, wollte es ausprobieren.“Ein anderer Angeklagter bestreitet, in der Wohnung gewesen zu sein. „Was sagen Sie dazu, dass die anderen Sie belasten?“, will die Vorsitzende wissen. „Wir hatten im Irak schon familiäre Probleme. Es geht um einen Erbschaftsstreit.“Am Ende sagt er plötzlich: „Ich will mich verteidigen! Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Ich schlafe nur mit meiner Frau!“Im gleichen Atemzug erzählt er auch, er habe jeweils eine Freundin in Steyr und Ried, das seien aber nur platonische Beziehungen.
Zu einer Überraschung gerät der Auftritt jenes Angeklagten, der die anderen bisher massiv belastet hat. Plötzlich will Nael A. sich an nichts mehr erinnern können. Er sei damals sturzbetrunken gewesen, habe bei der Polizei zu allem nur Ja gesagt und außerdem habe er psychische Probleme.
Sein Verteidiger bittet um eine Unterbrechung, um sich mit seinem Mandanten besprechen zu können. Nach der Rückkehr sagt der 22-Jährige: „Ich will etwas richtigstellen.“Und bestätigt, dass er im Großen und Ganzen bei der Polizei die Wahrheit gesagt habe. „Ich habe gesehen, dass einer nach dem anderen in das Zimmer reingegangen ist“, schildert er. Wird fortgesetzt.