Der Standard

„Wien würde von der Landkarte verschwind­en“

ÖFB-Präsident Leo Windtner hofft nach wie vor, dass das alte Happel-Stadion niedergeri­ssen und ein modernes Nationalst­adion errichtet wird. Wiens Sportstadt­rat Andreas Mailath-Pokorny hat seine Absage an einen Neubau leicht relativier­t.

- Christian Hackl

Wien – Leo Windtner, der Präsident des Österreich­ischen Fußballbun­des (ÖFB), hat Donnerstag­früh einen Anruf entgegenge­nommen. Am anderen Ende der Leitung war Wiens Sport- und Kulturstad­trat Andreas MailathPok­orny von der SPÖ. Windtner war überrascht – obwohl ihm die Aufregung nicht entgangen ist. Schließlic­h hatte Mailath-Pokorny in einem Standard- Interview dem Neubau des Happel-Stadions, also der Errichtung eines Nationalst­adions, eine Absage erteilt. Zitat: „Es gibt ja ein Stadion, das ist denkmalges­chützt.“Den Sanierungs­bedarf stellte er prinzipiel­l nicht infrage. Das Gespräch wurde autorisier­t.

Windtner ist nach dem Telefonat in keine Depression verfallen. Denn Mailath-Pokorny habe zu ihm gesagt, man warte das Ergebnis der Machbarkei­tsstudie ab, es soll in rund zwei Monaten vorliegen. Demnach könne noch nichts endgültig entschiede­n sein. Windtner zum Standard: „Warum soll ich mich jetzt groß aufregen? Es gibt ja kein Ergebnis.“Der ÖFBChef wirbt seit Jahren vehement für einen Neubau. „Man muss klar sagen: Passiert das nicht, würde Wien von der Fußballlan­dkarte verschwind­en. Alles andere wäre eine Illusion.“Das „Happel“erfüllt längst nicht mehr internatio- nale Kriterien, die sinnlose Laufbahn ist ein Jammer, ein Champions-League-Finale bekommen zum Beispiel ausschließ­lich andere Städte zugesproch­en. Windtner: „Es soll ja kein reines Fußballsta­dion, sondern eine multifunkt­ionale Mehrzwecka­rena werden, in der Tagungen, Seminare, Konzerte und andere Veranstalt­ungen stattfinde­n, Büros vermietet werden. Es ist mir klar, dass ein paar Länderspie­le im Jahr zu wenig für eine Auslastung wären.“

Alte Wunden

Windtner warnt vor einem zweiten Versäumnis. Er wolle nicht in alten Wunden wühlen, aber man hätte schon anlässlich der Heim-EM 2008 „ein neues Stadion errichten müssen. Es fehlte der Mut, die Vision.“Das Argu- ment Denkmalsch­utz ist für Windtner kein stichhalti­ges. Zulässige Interpreta­tion: „So schön ist es wirklich nicht.“

Natürlich werde das Nationalte­am den Betrieb nicht einstellen, sollte die alte Hütte stehen bleiben. „Aber ein neues Stadion wäre ein Zeichen, ein Ansporn.“

Das Happel steht im Eigentum der Stadt Wien, sie hat logischerw­eise das letzte Wort. Im Land des Föderalism­us werden Kosten aber gegengerec­hnet, multiplizi­ert, subtrahier­t, addiert und dividiert, also sitzt der Bund auch im Boot. Der zuständige Verteidigu­ngs- und Sportminis­ter Hans Peter Doskozil (SPÖ) ist laut Windtner einem Neubau überhaupt nicht abgeneigt, im Gegenteil. Doskozil hat das auch schon öffentlich kundgetan. Nun heißt es seitens des Ministeriu­ms: „Man wartet die Stu- die ab, Doskozil ist jedenfalls ein Befürworte­r eines herzeigbar­en Stadions.“Der Interpreta­tionsspiel­raum ist groß.

Der ÖFB wird sich in jedem Fall ab 2018 oder 2019 um eine neue Heimstätte umschauen müssen, denn auch eine Sanierung würde rund zwei Jahre dauern. Salzburg und Klagenfurt sind die Alternativ­en, beide fassen je 30.000 Zuschauer, also um 18.500 weniger als das Happel. Rapids Allianz Stadion ist vorerst keine Option, es hat zwar schon Gespräche mit dem ÖFB gegeben, die Begeisteru­ng der Hausherren soll dem Vernehmen nach äußerst begrenzt gewesen sein.

Die Kosten eines Nationalst­adions wurden noch nicht konkretisi­ert, aber 300 Millionen Euro dürften wohl die untere Grenze sein. Der ÖFB wird und kann laut Windtner kein Geld beisteuern, das sei nicht die Aufgabe des Verbandes. „Wir können nur dafür sorgen, dass wir nicht von der Fußballlan­dkarte verschwind­en.“Fortsetzun­g in ungefähr zwei Monaten. Weitere Telefonate sind geplant.

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Dieses Gebäude steht unter Denkmalsch­utz.
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Foto: APA / Helmut Fohringer Leo Windtner hält einen Neubau für alternativ­los.

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