Regierungshauruck für Großbetriebe
Die Regierung will Großunternehmen bei Investitionen finanziell unter die Arme greifen. Für Ökonomen kommt die „Hauruckaktion“um drei Jahre zu spät: Aktuell ziehen die Investitionen ohnehin an.
Wien – Große Unternehmen, großes Jobpotenzial: Diese Hoffnung verbindet die Koalition mit ihrem Plan zur Förderung heimischer Leitbetriebe, den sie beim Ministerrat am Dienstag beschließen will. Über die genaue Form wird noch verhandelt. Geht es nach Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), sollen mit 100 Millionen Euro Investitionszuwachsprämie bis zu 60.000 Jobs gesichert beziehungsweise neu geschaffen werden.
Schon im Herbst hat die Bundesregierung eine solche Prämie für Klein- und Mittelbetriebe beschlossen. Mit ihr sollen heuer und 2018 rund 10.000 Firmen mit insgesamt 175 Millionen Euro unterstützt werden.
Nun soll zusätzlich ebenfalls noch heuer eine Prämie für Großunternehmen ab 250 Mitarbeitern kommen. Es gehe dabei um 1000 Leitbetriebe mit insgesamt 900.000 Mitarbeitern, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.
Mit Prämien ab 50.000 Euro sollen Neu-, Modernisierungs- oder Erweiterungsinvestitionen gefördert werden. Indirekt könnten dadurch zwei Milliarden Euro an Investitionen angeschoben werden, so die Rechnung.
Ausschlaggebend für die neue Förderung ist der „Investitionszuwachs“. Das ist jener Betrag, der den Durchschnitt der Investitionen der letzten drei Jahre übersteigt. Von diesem Zuwachs för- dert der Staat zehn Prozent. Der höchstmögliche Förderbetrag liegt bei einer Million Euro. Ausgenommen sind unter anderem Auslandsinvestitionen und Grundstückskäufe.
Über Form wird verhandelt
Im Regierungsprogramm war die Förderung für große Betriebe noch in Form einer vorzeitigen Steuerabschreibung geplant. Bei der rechtlichen Prüfung habe sich jedoch gezeigt, dass ein solcher auf große Unternehmen beschränkter steuerlicher Vorteil nicht mit dem EU-Beihilfenrecht vereinbar sei, so ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Daher sei man jetzt auf die Zuwachsprämie ausgewi- chen, die im Regierungsprogramm ausdrücklich als Alternative festgeschrieben war.
Mit einem diesbezüglichen Drängen der Industrie habe das nichts zu tun, so der Sprecher. Die Unternehmer hatten zuvor auf eine direkte Entlastung in Form einer Prämie gepocht. Ein Sprecher von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wollte sich zur endgültigen Form der Förderung nicht äußern, die Frage werde bis Dienstag geklärt sein.
Ökonomen sehen die Investitionszuwachsprämie kritisch. Marcus Scheiblecker vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo): „Es gibt bessere Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur. Noch dazu ist es das falsche Timing, weil Unternehmen seit dem Vorjahr wieder mehr investieren. Vor zwei, drei Jahren wäre so etwas sinnvoller gewesen. Aber es ist grundsätzlich eine kurzfristige Hauruckaktion.“
Wie IHS-Ökonom Klaus Weyerstrass verweist auch Scheiblecker im Gespräch mit dem STANDARD auf Mitnahmeeffekte: „Es werden viele Unternehmen gefördert, die ohnehin vorhatten zu investieren. Zusätzliche Investitionen wird es wenige geben.“Für Mitterlehner ist das „weitgehend ausgeschlossen“, wie er im ORF-Radio sagte. Es müsse sich nämlich um neue und auch zukunftsgerichtete Investitionen handeln. (smo)