Der Standard

„Pflegerinn­en gehören angestellt“

Disput um Arbeitsver­hältnisse und Kosten

- Verena Kainrath

Wien – In durch geplante Kürzungen bei der Familienbe­ihilfe angestoßen­en Debatten rund um Pflegerinn­en aus den benachbart­en Ostländern klinkt sich nun auch die Gewerkscha­ft Vida ein. Ihr Vizevorsit­zender Willibald Steinkelln­er fordert das Ende der 24Stunden-Betreuung auf wirtschaft­lich selbststän­diger Basis.

Ein Dorn im Auge war die formale Selbststän­digkeit der Pflegerinn­en den Arbeitnehm­ervertrete­rn schon immer. 2007 wurde das Modell Gesetz, mit dem Ziel, die Rund-um-die-Uhr-Betreuung von Pflegebedü­rftigen zu Hause zu legalisier­en und vor allem günstig zu halten. In der Regel wechseln sich nun zwei Pflegekräf­te im Rhythmus von zwei Wochen ab.

Steinkelln­er spricht von Arbeitnehm­erinnen zweiter Klasse. Sie seien dazu gezwungen, auf sozialrech­tliche Absicherun­g und kollektivv­ertraglich­e Entlohnung zu verzichten. Sie gehörten nicht in Scheinselb­stständigk­eit gedrängt, meint er, sondern bei Vereinen angestellt. „In einer westlichen Demokratie im 21. Jahrhunder­t sollten ordentlich­e Beschäftig­ungsverhäl­tnisse möglich sein.“

Das würde die 24-Stunden-Pflege in den eigenen vier Wänden jedoch erheblich verteuern. Schon jetzt fördert die öffentlich­e Hand sie jährlich mit 140 Millionen Euro. Rund 22.000 Österreich­er erhalten sie, das sind drei bis vier Prozent aller Pflegegeld­bezieher. In der Pflegestuf­e drei etwa sind monatliche Kosten von 1500 Euro im Monat selbst zu stemmen, rund tausend Euro sind es in Pflegestuf­e fünf, zumindest 550 Euro in der sechsten, rechnet das Wifo vor.

Steinkelln­er pocht auf solidarisc­he Finanzieru­ng über den Hebel einer Vermögenss­teuer. Jedenfalls dürfe die Finanzieru­ng nicht länger auf dem Rücken der Pflegerinn­en ausgetrage­n werden. Dass ihnen nun auch die Familienbe­ihilfe gestrichen werden soll, ist für ihn der falsche Ansatz.

„30 Prozent mehr Pflegegeld“

Klaus Katzianka, Chef des steirische­n Personenbe­treuers Europflege, hält es jedoch für unmöglich, aus Pflegerinn­en durchgängi­g Angestellt­e zu machen. „Das ist weder leistbar noch praktisch durchführb­ar.“Im Schichtbet­rieb würden sich diese bei einem einzigen Kunden abwechseln müssen, was monatliche Kosten von bis zu 8000 Euro nach sich zöge.

Sein Lösungsvor­schlag sind 30 Prozent mehr Pflegegeld. Bei einer rechtlich angemeldet­en Personenbe­treuerin sollte es ein Pflegegeld der Stufe sechs geben, bei zwei eines der Stufe sieben – dazu eine jährliche Valorisier­ung.

Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger würde bei der Familienbe­ihilfe andere Wege als den nationalis­tischen gehen. „Warum gibt es Familienbe­ihilfe für jedes Kind in gleicher Höhe? Auch für jene aus superreich­en Familien? Das gehört hinterfrag­t.“

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