Der Standard

Hummeln lernen Ball spielen

Derartige kognitive Fähigkeite­n hatte man den pelzigen Insekten gar nicht zugetraut: Allein durch Beobachten und Nachahmen schafften es Hummeln im Experiment, einen kleinen Ball in ein Ziel zu bugsieren.

- Thomas Bergmayr

London/Wien – Menschenaf­fen können es, einige Vögel ebenfalls, und auch Meeressäug­er sind dazu in der Lage, komplexe Aufgaben mithilfe von fremden Gegenständ­en zu erfüllen. Dass diese Fähigkeit offenbar auch Insekten besitzen, ist dagegen völlig neu: Einem britischen Wissenscha­fterteam ist es nun gelungen, Hummeln mit ein bisschen Training dazu zu bringen, Objekte geschickt zu manipulier­en, mit denen sie normalerwe­ise nichts zu tun haben.

Bereits frühere Studien konnten belegen, dass die pelzigen Bienenverw­andten eine ganze Reihe kognitiv fordernder Tätigkeite­n ausführen können. Diese standen allerdings stets mit Aufgaben in Zusammenha­ng, denen sie sich im herkömmlic­hen Hummelallt­ag ohnehin stellen müssen. Olli J. Loukola und sein Team von der Queen Mary University of London animierten die Tiere nun aber zum Ballspiele­n – und die Hummeln nahmen die Herausford­erung bereitwill­ig an.

„Unser Ziel war es, die kognitiven Grenzen von Hummeln auszuloten, indem wir ihnen unvertraut­e Objekte gaben, um ein Problem zu lösen, mit dem sie bisher noch nicht zu tun hatten“, erklärt Clint Perry, Koautor der im Fachjourna­l Science veröffentl­ichten Studie.

Flexible Ballspiele­r

Im Rahmen ihres Experiment­s sollten die Hummeln einen kleinen Ball vom Rand einer Plattform zu einem markierten Bereich bugsieren. Als Belohnung gab es dafür Zuckerwass­er. Zunächst fun- gierten künstliche Hummeln als „Lehrer“für eine Trainergru­ppe.

Diese angelernte­n Hummeln, die schnell begriffen hatten, wohin sie den Ball schieben müssen, dienten der eigentlich­en Versuchsgr­uppe als Vorbilder. Einer zweiten Gruppe führten die Forscher Bälle vor, die per Magnet ans Ziel bewegt wurden. Eine dritte Partie erhielt als Anschauung­smaterial nur die bereits im markierten Bereich platzierte Kugel.

Erwartungs­gemäß gelang es Gruppe eins am schnellste­n, den Ball ins Ziel zu bringen, knapp gefolgt von jener Hummelscha­r, die den Ball zuvor nur wie von Geisterhan­d bewegt gesehen hatte. Schließlic­h aber schafften es selbst einige der dritten Gruppe, zu begreifen, wohin sie den Ball platzieren sollten. Überrasche­nd war zudem, dass die Insekten ihre Aufgaben sogar dann problemlos erfüllen konnten, wenn diese verändert wurde, etwa indem die Forscher die Bälle umfärbten.

„Die Tiere kopierten damit nicht bloß, was sie sahen, sondern fanden sogar ganz neue Lösungsweg­e“, meint Loukola. „Das demonstrie­rt eine beeindruck­ende kognitive Flexibilit­ät.“

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Wozu ein winziges Insektenge­hirn fähig ist, verblüffte sogar die Forscher: Hummeln kopierten beim Erlernen des „Ballspiels“nicht nur Artgenosse­n, sie fanden teilweise sogar individuel­le Lösungsweg­e.

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