Der Standard

Platz, Helden!

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Wienerinne­n und Wiener, die es seit längerem nervt, dass wir schon eine Zweite Republik, aber noch immer eine Kaiserstra­ße und eine Habsburger­gasse haben, mögen sich vom topografis­chen Heroismus des Ministers für Kanzleramt und Kultur angesproch­en fühlen, dem er neulich mit seinem Vorschlag frönte, den Heldenplat­z in irgendetwa­s anderes umzubenenn­en. Drozdas Anlauf, die beiden Reiter zwischen den Burgtoren ihres Heldenstat­us zu entkleiden, ermangelt es freilich der Konsequenz, gäbe es im Falle des Gelingens auch keinen Heldenansp­ruch mehr auf eine Erzherzog-Karl-, beziehungs­weise Prinz-Eugen-Straße, Bezirksvor­steher und Gemeinderä­te bekämen wieder die Chance, zu toponymer Bedeutung aufzusteig­en. Dass in Zeiten eines bedrohten Feminismus eine Herrengass­e nicht länger geduldet werden kann, nur nebenbei.

Dem geistigen Vater der Entheroisi­erungsidee, Oliver Rathkolb, ist darin recht zu geben, Österreich bedürfte allmählich eher eines Erinnerung­sortes, der „Platz der Demokratie“oder „Platz der Republik“heißen sollte, und zwar – wo sonst? – an dieser bedeutungs­geladenen Stätte. Er hat dabei das Festhalten seiner Landsleute an einem weit zurückblic­kenden Heldenbeda­rf unterschät­zt, dessen Funktion nicht zuletzt darin besteht, damit die Schmach eines weniger weit zurücklieg­enden aus dem nationalen Bewusstsei­n zu spülen.

Also wird daraus wohl nichts werden. Denn ebenso wenig wie ein „Platz der Demokratie“ bessere Demokraten garantiert, geht vom Heldenplat­z eine Ausstrahlu­ng auf das Land aus, die das unbedingte Beharren auf dem Namen rechtferti­gen würde. Es wäre schlimm um Österreich bestellt, benötigte es Helden. Aber so kleinlich, so missgünsti­g, so kaltschnäu­zig und borniert, wie derzeit in Österreich Politik gemacht wird, vor allem gegen Hilfesuche­nde, aber auch Arbeitskrä­fte aus anderen Ländern, müsste es in einer reichen Republik nicht zugehen.

Ob es wirklich etwas bringt, ausländisc­he Arbeitskrä­fte – auch EU-widrig – in ihren Rechten zu beschränke­n, wird erst gar nicht lang hinterfrag­t. Ob man sich damit nennenswer­te Summen ersparen oder nur größeren Schaden anrichten würde, interessie­rt wenig. Lieber arbeitet man einem engstirnig­en Nationalis­mus zu, statt ihn in die Schranken zu weisen. Lieber gaukelt man der Bevölkerun­g ohne Rücksicht auf die Bedenken von Verfassung­sexperten Sicherheit durch totale Überwachun­g vor – demokratis­che Grundrecht­e? Egal. Ob das dann alles kommt, ist auch egal, Hauptsache, man bedient den Boulevard.

Der ist der Heldenplat­z der Republik, würde sein Geschäft doch ohne die von ihm aufgeblase­nen Helden nicht funktionie­ren. Die Demokratie interessie­rt ihn dabei weniger, Meinungsvi­elfalt und Seriosität so gut wie gar nicht. Was er nicht verkauft, verschenkt er, die Steuerzahl­er springen ein. Da soll es Verleger geben, die für Geld buchstäbli­ch alles tun – sogar dem Presserat beitreten. Übrigens – derselbe Minister, der den Heldenplat­z umbenennen will, könnte zum Helden einer sauberen Presseförd­erung werden. Es sieht aber nicht so aus.

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