Verneigung vor Sabine Oberhauser
In ein paar Wochen muss Justizminister Wolfgang Brandstetter in der Causa Dmitri Firtasch ein Machtwort sprechen. Zumindest bis dahin bleibt der ukrainische Oligarch in Freiheit. Ein Haftantrag wurde erneut abgelehnt.
Wien – „Wenn man sich vor Wölfen fürchtet, darf man nicht in den Wald gehen“, hat Dmitri Firtasch erst vor wenigen Tagen in Wien auf dem Weg zu einem Gerichtstermin gesagt. Am Freitag betrat der ukrainische Oligarch mit derzeitigem Zwangswohnsitz in Österreich wieder eine Lichtung im Wald der Justiz. Das Landesgericht Wien lehnte auch im USAuslieferungsverfahren einen neuerlichen Haftantrag der Staatsanwaltschaft ab, Firtasch durfte in seine Nobelvilla zurück.
Das Gericht begründete die Entscheidung mit der von Firtasch bereits vor drei Jahren erlegten Kaution von 125 Millionen Euro sowie den Auflagen, sich in regelmäßigen Abständen bei Gericht zu melden, das Bundesgebiet nicht zu verlassen und den Reisepass bei Gericht zu hinterlegen. Bis auf die Kaution gelten dieselben Auflagen auch im Übergabeverfahren an Spanien, in dem am Donnerstag die Verhängung von Übergabehaft abgelehnt worden war.
Weitere Festnahme
In Österreich liegt gegen den 1965 geborenen Milliardär nichts vor. Sowohl Spanien als auch die USA werfen ihm aber Korruption und Geldwäsche im großen Stil vor. Er bestreitet diese Vorwürfe und sieht sich als Opfer politischer Denunziation. Die Auslieferung an die USA wurde ebenfalls in dieser Woche vom Oberlandesgericht für zulässig erklärt, weshalb auch der neue (nun abgelehnte) Haftantrag der Staatsanwaltschaft schlagend wurde.
Während sich Firtasch vorläufig wieder zurückziehen durfte, ging es für die Justiz weiter Schlag auf Schlag: Im Zusammenhang mit den Vorwürfen aus Spanien wurde in Wien ein syrisch-ukrai- nischer Geschäftsmann festgenommen. Die Spanier haben in der Causa insgesamt drei Europäische Haftbefehle ausgestellt. Laut einem Richter in Barcelona soll das Trio Geldwäsche durch Immobiliengeschäfte und über Restaurants im Wert von zehn Millionen Euro betrieben haben.
In der US-Causa wird es wieder in zwei bis drei Wochen spannend, wenn das Oberlandesgericht Wien die schriftliche Feststellung liefert, wonach Firtaschs Auslieferung an die USA zulässig ist. Mit diesem Erkenntnis muss sich dann Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) als letzte Instanz beschäftigen.
Firtasch wurde zur Jahrtausendwende im Gasgeschäft groß. Verträge mit der russischen Gazprom sicherten ihm Gastransporte von Zentralasien über Russland in die Ukraine. Trotz politisch unstabiler Verhältnisse baute der ehemalige Feuerwehrmann mit besten Beziehungen zu Wladimir Putin sein weltweites Firmengeflecht (Gas, Banken, Medien) aus. Einer der Firmensitze ist Wien. Lange galt er in der Ukraine als „Königsmacher“, wurde aber auch immer wieder angefeindet. Weni- ge Tage nach Beginn des Krieges in der Ostukraine wurde er im März 2014 aufgrund des US-Haftbefehles in Wien festgesetzt. Auch in seinem goldenen Käfig blieb er aber aktiv: Für seine „Agentur zur Modernisierung der Ukraine“konnte er vorübergehend sogar Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger gewinnen.
„Firtasch ist jemand, der weiterhin die Politik meines Landes beeinflusst“, sagte am Freitag der ukrainische „Volksfront“-Abgeordnete Anton Geraschtschenko am Rande einer OSZE-Tagung in Wien. Inter, der Fernsehsender des Oligarchen, habe etwa 20 Prozent der Bevölkerung als Zuseher, und in seinen Unternehmen seien zwischen 50.000 und 70.000 Menschen beschäftigt, wurde Geraschtschenko in der Austria Presse Agentur zitiert. Firtasch kontrolliere zudem zumindest 20 Abgeordnete der „Oppositionsblocks“im ukrainischen Parlament, so Geraschtschenko, der als heftiger Kritiker und politischer Gegner des Oligarchen gilt. (simo)