Der Standard

Euro als Kern der künftigen EU

Juncker und Merkel starten Initiative, Paris zieht nach

- Thomas Mayer aus Brüssel

In der EU-Kommission und den Hauptstädt­en der Union startet ab dem Wochenende eine Intensivph­ase zur Vorbereitu­ng einer größeren EU-Reform für die Zeit nach einem Austritt Großbritan­niens 2019. Ende März treffen sich die Staats- und Regierungs­chefs dazu bei einem EU-Sondergipf­el in der italienisc­hen Hauptstadt.

Äußerer Anlass ist das 60-JahrJubilä­um der „Verträge von Rom“, die als Gründungsd­okument der Gemeinscha­ft gelten. Seit 1957 wurde die Integratio­n schrittwei­se weiterentw­ickelt bis zur heutigen Union mit gemeinsame­r Währung und Außenpolit­ik. Seit der Wirtschaft­s- und Migrations­welle und der Brexit-Entscheidu­ng im Juni 2016 hat sich inzwischen die Einsicht durchgeset­zt, dass die EU-27 neue Wege beschreite­n muss, wenn sie überleben will. Man ist aber total uneinig über das Wie. EU-Reformen dauern in der Regel Jahre bis zur Umsetzung.

Kommission­spräsident JeanClaude Juncker bereitet im Auftrag der Staaten ein sogenannte­s „Weißbuch“zur EU-Reform vor, das schon nächste Woche, möglicherw­eise aber doch erst nach den Wahlen in den Niederland­en Mitte März präsentier­t werden wird. Wie er bei einem Vortrag in Louvain-la-Neuve in Belgien betonte, werde das aber nur eine Diskussion­sgrundlage „ohne Tabus“sein, nicht ein fertiges Konzept.

Mittwochab­end hat sich der Präsident in Berlin bei einem vertraulic­hen Essen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel dazu abgestimmt. Das Haupteleme­nt der Vorschläge (die in meh- reren Optionen vorgelegt werden dürften) soll die „alte“Idee einer „Union verschiede­ner Geschwindi­gkeiten“ausmachen. Demnach soll ein „Kern“von Staaten der Gemeinscha­ft sich auf freiwillig­er Basis viel tiefer zusammensc­hließen können als bisher – vor allem sicherheit­s- und sozialpoli­tisch nach Junckers Vorstellun­gen.

Merkel hatte sich bereits beim EU-Gipfel in Malta im Februar in diese Richtung festgelegt. Dazu passt der jüngste Vorschlag aus Berlin, den Eurorettun­gsfonds (ESM) zu einem europäisch­en Währungsfo­nds (EWF) auszubauen, damit der IWF in Washington in Zukunft nicht mehr bei Maßnahmen in der Eurozone gebraucht wird wie bisher.

Kern und Kurz auf Suche

Der Euro wird nach den Vorstellun­gen der Kommission der absolute Kern der EU-27 sein. Drum herum können sich „wie Satelliten“die übrigen Länder mehr oder weniger an gemeinscha­ftlicher Politik beteiligen oder nicht.

Dass Frankreich den Anspruch stellt, mit Deutschlan­d das Zentrum der Union zu bilden, zeigt sich an der Einladung von Staatspräs­ident François Hollande an Merkel und die Premiers von Italien und Spanien zu einem Treffen im Schloss Versailles am 6. März. Einziges Thema: die Zukunft der EU-27 nach dem Brexit.

Bewegung gibt es auch in Österreich: Sowohl Bundeskanz­ler Christian Kern wie auch Außenminis­ter Sebastian Kurz haben eigene Arbeitsgru­ppen dazu eingesetzt, wie eine EU-Reform aus österreich­ischer Sicht aussehen könnte.

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