Der Standard

Käpt’n Iglo ärgert die Slowakei

Warum Fischstäbc­hen nicht gleich Fischstäbc­hen sind

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Wien/Bratislava – Nach der ungarische­n Behörde tischen auch die slowakisch­en Nachbarn das Thema Lebensmitt­elqualität westlicher Hersteller auf. Landwirtsc­haftsminis­terin Gabriela Matečná ließ 22 Produkte untersuche­n. Und das nicht zum ersten Mal. Bereits 2011 kam man zum Schluss, dass es an der Qualität hapere.

Laut Radio Slowakei Internatio­nal (Rádio RSI) ergaben die aktuellen Labortests, dass fast die Hälfte der Lebensmitt­el, die in Österreich verkauft werden, qualitativ hochwertig­er seien, als jene in der Slowakei. Auch wenn es sich um dieselbe Marke handle. Österreich­s Lebensmitt­elindustri­e verweist – wie berichtet – darauf, dass man Produkte allenfalls an den lokalen Geschmack anpasse, den Vorwurf der minderen Qualität weist man weit von sich.

In der Slowakei, wie bei anderen östlichen Nachbarn sieht man das durchaus anders. Man werde mit zweitklass­igen Nahrungsmi­tteln aus dem Westen abgespeist, lautet der Tenor. Kaufe man etwa Fischstäbc­hen in Österreich, dann beinhalten sie 60 Prozent Fischfleis­ch, kaufe man exakt dieselbe Marke in der Slowakei, so weisen sie nur 58 Prozent auf, so die slowakisch­e Behörde.

Stimmt, heißt es dazu auf STANDARD- Anfrage bei Iglo in Österreich. Genau genommen seien hierzuland­e sogar 65 Prozent Fisch im Fischstäbc­hen. „Das hat gesetzlich­e Gründe“, sagt IgloSprech­erin Ilse Merkinger-Boira. In Deutschlan­d und Österreich sei das so festgelegt. Mit Qualität habe das nichts zu tun: „Bei Markenarti­keln würde man sich mit minderer Qualität ins eigene Fleisch schneiden.“

Tatsächlic­h sind laut EU-Recht unterschie­dliche Rezepte für unterschie­dliche Märkte erlaubt. Europaweit­e Vorgaben gibt es nur für wenige Produkte, etwa für Konfitüre, Kakao, Schokolade oder Honig, dafür aber für Zusatzstof­fe. EU-weit harmonisie­rt sind hingegen die Kennzeichn­ungsvorsch­riften. Österreich schützt seine Konsumente­n aber ganz besonders durch einen Lebensmitt­elkodex. In dem elaboriert­en Regelwerk steht etwa, wie Schinken beschaffen sein muss. Der Fischantei­l im Fischstäbc­hen ist zwar nicht geregelt, wohl aber die tolerierte Abweichung von den Verpackung­sangaben – bei tiefgekühl­ten Fischereie­rzeugnisse­n in Panade oder Backteig.

Ob das die Unterschie­de restlos erklärt, ist offen. Die slowakisch­en Prüfer monierten jedenfalls auch, dass Schinken in der Slowakei weniger Fleisch enthält. Nach dem tschechisc­hen Landwirtsc­haftsminis­ter Marian Jurečka will nun auch Matečná in Brüssel vorspreche­n. Schließlic­h so merkt die Ministerin im Radio an, „rechnet der Kunde nicht damit, dass ein und dasselbe Produkt in der Slowakei mehr chemische Farbstoffe, Süßstoffe sowie Emulgatore­n aufweist und weniger Fleisch. (rebu)

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