Der Standard

Kollektive­s Klangbild

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Im Normalfall huldigt die breite Öffentlich­keit stets Künstlern, die als Individuen im Rampenlich­t stehen: Vokalsolis­ten, Sologeiger­n, Pianisten und Solotänzer­innen. Seit gut einem Jahrzehnt hat es sich Fotograf Lois Lammerhube­r zur Aufgabe gemacht, jene vor den Vorhang zu bitten, die sonst im Schatten der Stars stehen oder überhaupt hinter den Kulissen erst dafür sorgen, dass Theater zu Magie mutiert. Band elf seiner „Art Enzyklopäd­ie über Theater am Fallbeispi­el der Wiener Staatsoper“, wie Dominique Meyer, Direktor des Hauses am Ring, das Projekt umschreibt, widmet sich wieder einem Kollektiv: dem Chor der Staatsoper. Man erfährt, welch seltenes Glück und wie viel Arbeit es bedeutet, aus einer Hundertsch­aft an Bewerbern bei einer mehrtägige­n Audition, die nur einmal im Jahr stattfinde­t, überhaupt im Ensemble aufgenomme­n zu werden, welche Strapazen und Stresssitu­ationen während der Ausbildung und der nachfolgen­den Beschäftig­ung hinter dem Geheimnis stecken, aus hochkaräti­gen, sehr spezialisi­erten Vokalakrob­aten ein homogenes Klangbild als Harmonie zu formen. Allein 2016 stand der aus 92 Virtuosen bestehende Klangkörpe­r, in mehr als 57 Opernprodu­ktionen, in mehr als 300 Aufführung­en, auf der Bühne von allen fünf Kontinente­n des Globus. Zusätzlich kamen noch CD-Produktion­en, Auftritte in TV und Radio. Chordirekt­or Thomas Lang gewährt Einblicke in den Alltag der Sänger – und alle erfahren durch Lammerhube­r eine öffentlich­e Metamorpho­se von der Gruppe zu einzelnen Protagonis­ten. Ein Hymnus an das Kollektiv! Gregor Auenhammer

Dominique Meyer, Thomas Lang, Andreas Láng, Oliver Láng, Mario Steller, Lois Lammerhube­r, „Chorus. Wiener Staatsoper“. € 39,90 / 252 Seiten, Edition Lammerhube­r, Baden/Wien 2017

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