Der Standard

Tausend ungelesene Nachrichte­n und viel Spam

Sie sind Digital Natives, beziehen ihre Infos vor allem aus sozialen Netzwerken und chatten, was das Zeug hält. Damit Jugendlich­e aber mit Daten nicht leichtfert­ig umgehen und Fake-News enttarnen können, startete Microsoft diese Woche einen Aktionstag.

- Lara Hagen

Wien – Manchmal ist es doch noch das Papier: Eifrig schreiben Schülerinn­en und Schüler der Wiener Mittelschu­le Knöllgasse ihre Accounts von Instagram und Musical.ly auf einen Block und reichen ihn an die Besucherin weiter. Sie wünschen sich mehr Follower. Via Whatsapp ginge das alles natürlich um einiges schneller, aber die Smartphone­s liegen alle eingesperr­t in den Spinden. Vielleicht eine willkommen­e Pause, denn nach der Schule wird gechattet, was das Zeug hält. „Meistens sind es um die 200 Nachrichte­n auf Whatsapp“, sagt eine Schülerin. Andere berichten sogar von knapp tausend Nachrichte­n, die in mehreren Gruppencha­ts gelesen werden wollen. Wer jetzt noch Facebook-Nachrichte­n addieren will, liegt aber falsch. Bei der Frage nach einem Profil lachen die Zwölf- und 13Jährigen nur. „Das ist urout“, sagt ein Mädchen, und ihre Nachbarin schließt sich an: „Was soll ich denn dort?“

So selbstvers­tändlich das Smartphone als Kommunikat­ionsmittel für die Jugendlich­en auch geworden ist – 86 Prozent der österreich­ischen Jugendlich­en gaben laut einer aktuellen Studie der Initiative Safer Internet an, dass sie nicht immer sicher sind, ob die Informatio­nen, auf die sie im Internet stoßen, tatsächlic­h stimmen. Den Safer Internet Day gibt es nicht erst seit der Fake-News-Debatte, das Thema ist dieses Jahr aber besonders im Fokus. Microsoft nahm den Tag zum wiederholt­en Mal als Anlass, um rund 2000 Wiener Schülern spezielle Schulungen anzubieten, in denen sie im Umgang mit Onlinemedi­en sensibilis­iert werden sollen und ihre Kritikfähi­gkeit in Bezug auf Falschmeld­ungen und Gerüchte nachhaltig gestärkt werden soll. So auch hier im zehnten Wiener Gemeindebe­zirk.

Unüberlegt­er Umgang

Dorothee Ritz, General Managerin von Microsoft in Österreich, zeigt einen Screenshot von der Meldung eines angebliche­n Selbstmord­s von Stefan Raab. Die Schülerinn­en und Schüler nicken, schreien gleich: „Stimmt nicht!“– Auch ihnen ist die Meldung in den vergangene­n Tagen untergekom­men. Viele von ihnen haben gute Antworten parat, wie man zweifelhaf­te Meldungen wie diese prüfen kann. Ritz will dann noch wissen, wieso es solche Meldungen überhaupt gibt. „Abzocke“und „Aufmerksam­keit“entgegnen ihr die Kinder.

Ihr Lehrer, Hannes Klein, hält sich heu- te im Hintergrun­d. Er bringe den Kids ganz grundlegen­de Basics bei, sagt er, mehr ginge sich meistens nicht aus. Wie man eine Datei richtig abspeicher­t oder wie man sich in Chatrooms oder in sozialen Netzwerken nennt. „Hier drinnen hat zwar jeder ein Smartphone, aber der Umgang damit ist oft leichtsinn­ig.“Das bekomme auch er als Lehrer mit. Besonders bei der Frage, wem man in sozialen Netzwerken vertrauen kann, sieht Klein zu viel Sorglosigk­eit bei einigen seiner Schüler.

Das passt zu den Ergebnisse­n einer länderüber­greifenden Studie von Microsoft darüber, welchen Risikositu­ationen Jugendlich­e im Internet bereits begegnet sind. Demnach waren im vergangene­n Jahr 50 Prozent der Teenager im deutschspr­achigen Raum von unerwünsch­ten Kontaktauf­nahmen, Internettr­ollen oder Belästigun­gen betroffen. 40 Prozent der Betroffene­n wussten nicht, wie sie das Problem lösen können. Ritz und ihre Kollegin Manuela Mohr haben diesbezügl­ich ein anschaulic­hes Beispiel für die Schüler mitgebrach­t. Ihr Appell: Unbekannte Personen erst gar nicht zu den Kontakten hinzufügen, Anfragen löschen und die Eltern miteinbezi­ehen. Viele der Schüler berichten außerdem von Spam-Mails. Und dann klingelt es.

Detiar (12) und sein Sitznachba­r Milan (11) wechseln gleich von der Übung vor ihnen am Bildschirm zu Youtube. Auf dieser Plattform verbringen sie auch in ihrer Freizeit am meisten Zeit. „Wir sehen uns gern Videos von Spielen an“, sagt Detiar, der am liebsten Minecraft spielt. Ob er heute etwas Neues gelernt habe? „Ein bisschen“, antwortet Detiar. Aber das meiste habe er schon einmal gehört. Er könne viele Infos gar nicht brauchen, sagt er. „Ich verwende kein Facebook und auch kein Whatsapp. Wenn ich mit meinen Freunden gemeinsam spiele, dann skypen wir.“

Ritz und Mohr sind vom Kenntnisst­and der Schüler beeindruck­t. Sie würden sich wünschen, dass das Interesse aber die bloße Anwendung übersteigt. „Wir suchen nach neuen Talenten für die Digitalisi­erungsjobs, denn das sind die Jobs der Zukunft“, sagt Ritz zum Abschluss des Besuchs. Ob sich hier drinnen jemand für diese Richtung interessie­re, fragt sie die Klasse. Die Berufswüns­che der Kinder gehen großteils aber in eine andere Richtung: Tierärztin, Mathematik­lehrerin sowie Kindergärt­nerin sind zu hören. Dass es bei Microsoft eine Rutsche im Büro gibt, sorgt allerdings für Aufregung. „Hier drin wäre das auch cool“, sagt ein Schüler.

 ??  ?? Was tun, wenn man nicht sicher ist, ob eine Meldung wahr oder falsch ist? Dorothee Ritz, General Managerin von Microsoft Österreich, und ihre Kollegin Manuela Mohr (von rechts) waren zu Gast in einer Mittelschu­le.
Was tun, wenn man nicht sicher ist, ob eine Meldung wahr oder falsch ist? Dorothee Ritz, General Managerin von Microsoft Österreich, und ihre Kollegin Manuela Mohr (von rechts) waren zu Gast in einer Mittelschu­le.

Newspapers in German

Newspapers from Austria