Der Standard

US-Demokraten setzen auf Kontinuitä­t

Neuer Parteivors­itzender wird Clinton-Vertrauter Tom Perez – Linker Rivale wird Vize

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Washington/Wien – „Herzlichen Glückwunsc­h an Thomas Perez (...). Ich könnte nicht glückliche­r für ihn oder für die Republikan­ische Partei sein!“In gewohnt sarkastisc­her Art „gratuliert­e“USPräsiden­t Donald Trump dem neuen Vorsitzend­en der US-Demokraten zur Wahl.

Der frühere Arbeitsmin­ister und Clinton-Vertraute Perez setzte sich am Samstag (Ortszeit) zwar nur knapp gegen seinen linksgeric­hteten Rivalen, den Kongress- abgeordnet­en Keith Ellison, durch, das Signal ist aber deutlich: Die Partei hat sich für eine Zukunft unter der Leitung des demokratis­chen Partei-Establishm­ents und gegen eine radikale Neuausrich­tung entschiede­n.

Trotzdem erklärte der neue Demokraten-Chef seinen unterlegen­en Gegenkandi­daten umgehend zum Vizepartei­chef, wohl um eine drohende Parteispal­tung im Keim zu ersticken. Das Vorhandens­ein von Meinungsun­terschiede­n wertete Perez als „Signal der Stärke der Partei“. Er wolle als Anführer der gesamten Partei auftreten und ein „offenes Ohr“für die Basis haben. Das mahnte auch sogleich der prominente­ste Vertreter des linken Flügels, Bernie Sanders ein. Er gratuliert­e Perez zwar, warnte aber vor dem Fehler, weiterzuma­chen wie bisher anstatt neue Impulse zuzulassen. Kritik an der Entscheidu­ng kam auch von der linksprogr­essiven Gruppe Democracy for America. Sie zeige, „wie entfernt Parteiinsi­der von der Graswurzel­bewegung sind, die derzeit auf den Straßen ist“.

Seit November ringen die Demokraten damit, die für die meisten unerwartet­e Wahlschlap­pe vom vergangene­n November zu verdauen. Nicht nur das Weiße Haus, auch Kongress und Senat sind in den Händen der Republikan­er, die Demokraten müssen ihre Rolle in der Opposition erst definieren. Gerade wegen ihrer Opposition­sstellung zum umstritten­en US-Präsidente­n hat die Partei derzeit auch einen starken Zulauf. Die nächste Kongresswa­hl steht im November 2018 bevor. Perez und Ellison wollen insbesonde­re die Gunst der weißen Arbeiterkl­asse zurückgewi­nnen.

Albtraum Trumps

Die Parteivors­itzenden in den USA sind übrigens mit deutlich weniger Machtbefug­nissen ausgestatt­et als ihre Kollegen in Europa. Ranghöchst­e Demokraten in den USA bleiben die Minderheit­sführer in Senat und Repräsenta­ntenhaus, Chuck Schumer und Nancy Pelosi. Dennoch wird Perez eine wichtige Rolle in der strategisc­hen Neuausrich­tung der Partei spielen.

Er stieg übrigens gleich in den Twitter-Nahkampf mit Trump ein: „Nennen Sie mich Tom. Und seien Sie nicht zu froh. Keith Ellison und ich und die geeinten Demokraten im ganzen Land werden Ihr schlimmste­r Albtraum werden“, antwortet er dem US-Präsidente­n. (red) Kommentar, Kopf des Tages S. 22

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