Der Standard

Ökumene und kommunaler Volksentsc­heid

Im burgenländ­ischen St. Andrä soll Mitteleuro­pas erstes orthodoxes Kloster gebaut werden. Am Dienstag entscheide­t sich, ob es einer Volksabsti­mmung bedarf. Orthodoxes Leben gibt es aber bereits.

- Wolfgang Weisgram

St. Andrä – Hinterm Bahnhof geht’s hinaus zum Zicksee. Die letzten Häuser von St. Andrä, links eine Feriensied­lung, ein Campingpla­tz, das Strandbad, rechts Ackerland, flach und weit, bis nach Frauenkirc­hen hinüber. Die dortige St.-Martins-Therme ist schon in Sichtweite. Hier, in St. Andrä herüben, soll ein geistliche­s Pendant dazu errichtet werden. „Eine Therme für die Seele“, nennt Pater Igor jene Klosteranl­age, die auf den Ackerfläch­en hinter dem Ort, an der Straße zum See, errichtet werden soll.

Der Grund, sieben Hektar ungefähr, gehört der Diözese Eisenstadt. Die hat ihn der orthodoxen Kirche gewisserma­ßen als Lehen gegeben. Und hier soll Mitteleuro­pas erstes griechisch-orthodoxes Kloster entstehen. Paul Zulehner, der katholisch­e Pastoralth­eologe, nennt das „ein großes Glück“, denn „damit erhalte der Ort ein spirituell­es Juwel“.

Ob St. Andrä dieses Glück annehmen will, wird sich bald vorentsche­iden. Es gibt nämlich auch hartnäckig­en Widerstand gegen den Klosterbau, für den sich vor rund einem Jahr eine Volksbefra- gung schon ausgesproc­hen hat. Nun wurden Unterschri­ften gesammelt, um eine kommunale Volksabsti­mmung zu erzwingen, so wie im benachbart­en Frauenkirc­hen in Glashaus-Angelegenh­eiten. Vor 14 Tagen verkündete­n die Klostergeg­ner, sie hätten die nötigen 25 Prozent der Wahlberech­tigten beieinande­r, es gab allerdings fehlerhaft­e darunter, die Nachfrist endet am Dienstag.

„Innerhalb von drei Monaten“, so Gerhard Mauersics, der Sprecher der Initiative, „muss dann die Volksabsti­mmung durchgefüh­rt werden.“Dass sie das wird, man also die nötigen Unterschri­ften gegen die Umwidmung zusam- menbringe, bezweifelt er nicht. „Es schaut gut aus“, sagte er vergangene Woche.

Während die ortspoliti­schen Wogen, wenn schon nicht hoch, so doch hin und her gehen, hat sich im vergangene­n Jahr bereits so was wie ein orthodoxes Leben etabliert in der 1300-Seelen-Gemeinde im Seewinkel. Die Mönche – sechs sind es zurzeit – haben sich eingericht­et in einem Haus gegenüber dem Bahnhof.

Ein offenes Haus, wie man betont. „Wir sind ja zur Gastfreund­schaft angehalten“, sagt Pater Igor. Und man erlebe diese hier auch, im Seewinkel. Gerade zu den Gottesdien­sten in der kleinen St.-Bar- tholomäus-Kapelle, „in denen“, so Paul Zulehner, „der Himmel auf die Erde herunterge­sungen wird“, lade man die Ortsbevölk­erung. Das werde auch angenommen. Ein Verein der Freunde hat sich etabliert, eine Wirtin versorgt die Mönche zuweilen mit Essen, ein Landwirt unterweist Pater Arsenios in der Kunst der Ziegenhalt­ung.

Eine Pension musste in diesem Winter Heizkörper anschaffen, weil auch außerhalb der bisherigen Saison auf einmal Gäste gekommen sind, beziehungs­weise Pilger, wie die Patres sagen. Als Teil der Tourismusw­irtschaft sieht man sich klarerweis­e nicht, aber man bestreitet auch nicht den Effekt. „Die Pilger kommen ja nicht nur zu uns“, sagt Pater Arsenios – sondern auch in die Therme für den Leib nach Frauenkirc­hen; oder in die Therme für den Shoppingwa­hn nach Parndorf.

Für die katholisch­e Verpächter­in ist das Projekt ein Teil des Vermächtni­sses von Kardinal König, der ja sein Lebtag lang beschäftig­t war mit dem Voranbring­en der Ökumene. Bischof Ägidius Zsifkovics war auch heuer wieder bei der traditione­llen Wasserweih­e, diesmal auf dem Eis des Zicksees. Stanislav Zvolenský, Erzbischof von Bratislava, hat dem Kloster Reliquien des heiligen Johannes von Alexandrie­n geschenkt. Der Papst hat das Vorhaben gesegnet, nicht nur abgesegnet.

Nicht mehr als zwölf Brüder

Das Kloster wird – so die Umwidmung nicht zurückgeno­mmen werden muss – den schönen Namen „Maria Schutz Kloster des heiligen Paisios vom Berg Athos“tragen. Mehr als zwölf Brüder werden dort nicht leben, sagt Pater Igor, nur so viele Zellen werde es geben. Aber St. Andrä soll doch auch ein spirituell­es Zentrum werden für die immerhin 600.000 Orthodoxen in Österreich.

Ob griechisch, serbisch, russisch – orthodox sei orthodox. Man unterschei­de sich nur in der liturgisch­en Sprache. In St. Andrä ist die Umgangsspr­ache deutsch. Zwei der zurzeit sechs Mönche, darunter der angehende Ziegenzüch­ter Arsenios, sprechen es mit griechisch­em Zungenschl­ag, Pater Igor, Student der Religionsw­issenschaf­t an der Uni Wien, tut das mit unüberhörb­ar wienerisch­em in serbischer Prägung, der Abt mit pfälzische­m. Er heißt Paisios Jung.

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Burgenland­s katholisch­er Bischof Ägidius Zsifkovics (Purpur) mit seinen orthodoxen Pächtern in St. Andrä.

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