Der Standard

Arbeitskon­flikt und gebrochene Kniescheib­en

Ein 48-Jähriger soll Ex-Chef telefonisc­h bedroht haben – doch der Ton am Bau ist rau

- Michael Möseneder

Wien – Leopold W. ist 48 Jahre alt, und sein Vorleben ist getrübt. Um genau zu sein, es ist praktisch undurchsic­htig. Zwischen 1984 und 2010 hat er elf Vorstrafen gesammelt, nun sitzt er mit einer Anklage wegen gefährlich­er Drohung vor Richterin Elisabeth Reich.

Der Hintergrun­d ist ein Konflikt in der Bauwirtsch­aft. W. und sein Bruder behaupten, von einem Arbeitgebe­r kein Geld bekommen zu haben und auch nicht versichert gewesen zu sein. Nach einer Anzeige habe der plötzlich behauptet, die beiden hätten ein Gerüst von einer Baustelle gestohlen.

Nachdem die Polizei ihm das eröffnet hatte, rief W. den Ex-Chef an. Das Gespräch lief nicht friktionsf­rei ab. „Ich habe gesagt, normalerwe­ise gehören ihm beide Kniescheib­en gebrochen, weil ich so zornig gewesen bin“, erklärt er der Richterin. „Was hat Sie denn so narrisch gemacht?“, fragt die. „Na ja, der Vorwurf mit dem Diebstahl!“Mittlerwei­le sei er aber nicht mehr wütend, der Arbeitskon­flikt werde nun vor dem Arbeitsund Sozialgeri­cht ausgetrage­n, berichtet er.

Seine Erinnerung an den Dialog ist jedoch etwas ungenau. Denn der Kontrahent hat das Gespräch mit seinem Handy aufgezeich­net. „Können Sie es vorspielen? Da freu ich mich schon den ganzen Tag drauf!“, bittet Reich. Mehe S. kann, und auf der Aufzeichnu­ng ist zu hören, wie sich der Angeklagte echauffier­t und schließlic­h „Sunst kum i eine, wo du wohnst, und brich da beide Kniascheib­en!“sagt. „Ich habe gezittert bei dem Telefonat“, behautet der Unternehme­r. „Dafür hören Sie sich aber sehr cool an“, entgegnet die Richterin, denn nach dem Satz wird noch minutenlan­g über die diversen Anschuldig­ungen gesprochen. Auch die Anzeige erfolgte erst später.

Selbst Staatsanwä­ltin Gabriele Müller-Dachler weist in ihrem Schlusswor­t auf den etwas raueren Umgangston in der Baubranche hin und kann die Erregung des Angeklagte­n nachvollzi­ehen. Die Richterin sieht ebenso eine milieubedi­ngte Unmutsäuße­rung und spricht W. rechtskräf­tig frei.

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