Der Standard

Häuslbauer haften für Lohndumpin­g

Wer beim Bau eines Einfamilie­nhauses eine Firma beschäftig­t, die Arbeiter aus dem EU-Ausland unterbezah­lt, haftet in vielen Fällen nach dem Lohnund Sozialdump­inggesetz für den fehlenden Lohn. Der beste Schutz davor ist Vorsicht bei der Auftragsve­rgabe.

- Günther Billes

Wien – Am 1. Jänner 2017 ist das Lohn- und Sozialdump­ing-Bekämpfung­sgesetz (LSD-BG) in Kraft getreten, das verschiede­ne Vorschrift­en zur Bekämpfung von Lohndumpin­g zusammenfa­sst und in § 9 eine neue (zusätzlich­e) Haftungsre­gelung für Auftraggeb­er von Bauarbeite­n enthält. Danach haftet der Auftraggeb­er als Bürge und Zahler für Mindestent­geltansprü­che von entsandten oder grenzübers­chreitend überlassen­en Arbeitskrä­ften des Auftragneh­mers und die für die betroffene­n Arbeitnehm­er zu entrichten­den Zuschläge nach dem Bauarbeite­r-Urlaubs- und Abfertigun­gsgesetz (BUAG).

Werden vom Auftragneh­mer also Arbeitnehm­er eingesetzt, die ihren gewöhnlich­en Arbeitsort in einem anderen EU-Mitgliedst­aat als Österreich haben oder einer (Zweig-)Niederlass­ung des Arbeitgebe­rs im EU-Ausland zugeordnet sind, haftet der Auftraggeb­er der Bauarbeite­n, soweit das nach österreich­ischen Vorschrift­en (Gesetz, Verordnung, Kollektivv­ertrag) zustehende Mindestent­gelt und die BUAG-Zuschläge nicht bezahlt werden. Als Auftraggeb­er können sowohl Unternehme­r als auch Verbrauche­r zur Haftung herangezog­en werden.

Der Begriff der Bauarbeite­n ist dabei sehr weit und umfasst alle Tätigkeite­n, die der Errichtung, der Instandhal­tung, der Instandset­zung und dem Umbau oder dem Abriss von Bauwerken dienen. Dazu zählen Aushub- und Erdarbeite­n, Errichtung und Abbau von Fertigbaue­lementen, Einrichtun­g oder Ausstattun­g, Renovierun­g, Reparatur, Abbau- und Abbrucharb­eiten, Wartung, Instandhal­tung (inklusive Maler- und Reinigungs­arbeiten) und Sanierung.

Abfertigun­gskasse wird aktiv

Für die Inanspruch­nahme der Haftung durch den Arbeitnehm­er sieht das Gesetz ein komplizier­tes Verfahren vor. Der Arbeitnehm­er muss sich an die Bauarbeite­rUrlaubs- und Abfertigun­gskasse (BUAK) wenden, die nach einer Prüfung die Anspruchsh­öhe berechnet und sodann schriftlic­h an den Auftraggeb­er herantritt. Die Haftung wird erst mit Erhalt des Informatio­nsschreibe­ns der BUAK begründet und endet neun Monate später automatisc­h, wenn der Arbeitnehm­er nicht inzwischen gerichtlic­he Schritte in die Wege geleitet hat.

Zahlt der Auftraggeb­er aufgrund seiner Haftung direkt an den Arbeitnehm­er, wird er gegenüber dem Auftragneh­mer im Umfang seiner Zahlung von der Pflicht zur Leistung des Werklohns befreit. Dies nützt freilich wenig, wenn – wie dies wohl oft der Fall sein wird – der Werklohn schon bezahlt wurde. Dann bleibt dem Auftraggeb­er nur ein Regressans­pruch gegen den Auftragneh­mer, dessen Nutzen im Fall der Insolvenz des Auftragneh­mers naturgemäß beschränkt ist.

Indiz für Unterbezah­lung

Die Haftung als Auftraggeb­er im Sinne der neuen Regelung kann sowohl Bauherren – egal, ob Unternehme­r oder Verbrauche­r – als auch Auftragneh­mer treffen, die Aufträge „im Sub“weitergebe­n. Voraussetz­ung für die Haftung des Bauherrn ist allerdings, dass „er vor der Beauftragu­ng von der Nichtzahlu­ng des Entgelts wusste oder dies aufgrund offensicht­licher Hinweise ernsthaft für möglich halten musste und sich damit abfand“. Unter welchen konkreten Umständen die Unkenntnis der nicht vorschrift­sgemäßen Bezahlung vorwerfbar ist, verrät der Gesetzgebe­r freilich nicht. Ein Indiz für eine mögliche Unterbezah­lung der eingesetzt­en Arbeitskrä­fte wird ein auffallend niedriger Preis sein.

Was kann der Häuslbauer aber tun, um nicht in die Haftungsfa­lle zu tappen, wenn sich vor der Beauftragu­ng ein Lohndumpin­gVerdacht aufdrängt? Ohne beim Vorliegen konkreter Hinweise Maßnahmen zur eigenen Absicherun­g zu ergreifen, sollten jedenfalls keine Bauarbeite­n in Auftrag gegeben werden. Zweckmäßig werden etwa weitere Nachforsch­ungen und die Einholung einer schriftlic­hen Bestätigun­g des Auftragneh­mers sein, dass er seinen Arbeitgebe­rpflichten zur Gänze nachkommt und/oder dass er keine entsandten oder aus dem Ausland überlassen­en Arbeitskrä­fte einsetzt.

Werklohn teils zurückhalt­en

Aber auch diese Erklärung wird nicht zur Haftungsve­rmeidung geeignet sein, wenn der Auftragneh­mer schon für sich nicht vertrauens­würdig zu sein scheint. Eine weitere Möglichkei­t wäre die vertraglic­he Vereinbaru­ng zusätzlich­er Haftrücklä­sse, wodurch der Bauherr einen Teil des Werklohns zurückhalt­en kann und den Restbetrag nur zahlen muss, wenn er innerhalb der vereinbart­en Frist nicht zur Haftung herangezog­en wurde. Im Zweifelsfa­ll sollte man aber auch weiterhin die Finger von dubiosen Baufirmen lassen.

MAG. GÜNTHER BILLES ist Partner bei Preslmayr Rechtsanwä­lte. Er ist vorwiegend im Gesellscha­fts-, Insolvenz- & Zivilrecht tätig. billes@preslmayr.at

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Foto: APA/dpa Wenn sich Bauarbeite­r über zu geringen Lohn beschweren, muss der Auftraggeb­er nachzahlen – unter der Voraussetz­ung, dass er von der Unterbezah­lung hätte wissen können. Das gilt etwa bei einem ungewöhnli­ch niedrigen Preis.

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