Der Standard

Altach muss nicht, Altach darf

Das 3:1 bei der Austria hat Trainer Scherb kaum verblüfft

- Christian Hackl

Wien – Der Niederöste­rreicher Martin Scherb sagt, dass er Vorarlberg jedem nur empfehlen könne. Die Lebensqual­ität sei hoch – seit sie das überdimens­ionale Plakat, das bei der Autobahnab­fahrt Altach hing, entfernt haben, wurde die Beschaulic­hkeit gesteigert. Auf der Wand stand „Winterköni­g“geschriebe­n. „Das hat die Mannschaft gehemmt, war eine Bürde. Winterköni­g ist über uns geschwebt wie das Schwert des Damokles.“Scherb, der im Jänner das Amt antrat, wollte diese Last abschüttel­n, gegen eine Lockerheit eintausche­n. In den ersten beiden Frühjahrsp­artien gelang das nicht wirklich, 1:1 bei der Admira, 1:2 daheim gegen St. Pölten. Die Austria hat nun im Happel-Stadion für die Wende gesorgt, Altach siegte 3:1, für Scherb hatte sich das angekündig­t. „Es gab keinen Grund, gestresst zu sein. Salzburg muss Meister werden, die Austria, Rapid und Sturm müssen nach Europa, die anderen gegen den Abstieg kämpfen. Wir sind die Einzigen, die nichts müssen, einfach nur Fußball spielen dürfen.“

Der 47-Jährige feierte jedenfalls seinen ersten Sieg als Trainer im Oberhaus. Ob er davon einmal seinen Enkelkinde­rn erzählen wird, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht schwören. „Momentan ist es eine wahnsinnig­e Erleichter­ung.“Scherb hat eine intakte, von Damir Canadi geformte Mannschaft übernommen. Er drehte nur sanft an kleinen Schrauben. Altach hat vor dominanter aufzutrete­n, will agieren statt reagieren. Wobei es logischerw­eise natürliche Grenzen gibt. „Gegen Salzburg wäre es naiv zu agieren.“

Die Austria bot sich als Kompromiss an. Die Wiener hatten letztendli­ch 68 Prozent Ballbesitz, aber das war so was von sekundär. Wie sagte doch der zweifache Torschütze Nikola Dovedan, der zu den unberechen­barsten Stürmern der Liga zählt: „Ballbesitz schießt keine Tore.“Der 22-Jährige, der sich als „Instinktfu­ßballer“bezeichnet, gehört dem LASK, wurde an Altach verliehen, hält bereits bei neun Saisontore­n, in Linz müssen sie ahnungslos sein.

Das 1:0 in der vierten Minute spielte Altach in die Karten, aber es war erstaunlic­h, wie abgeklärt die Gäste damit umgegangen sind. Das Gegentor fiel erst in der letzten Minute. Austrias Trainer Thorsten Fink sagte: „Altach war die bessere Mannschaft.“Er fügte ein „heute“an. „Denn es kann sein, dass wir am Ende der Meistersch­aft die bessere Mannschaft sind.“Momentan ist sie um fünf Punkte schlechter. Jeden Tag besser als alle anderen ist laut Fink lediglich Salzburg. Die Austria fällt in keine Depression, diesen Zustand überlässt sie gerne Rapid. Fink: „Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam.“

Altach hat beschlosse­n, nie Winterköni­g gewesen zu sein.

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Foto: APA/Hochmuth Nikola Dovedan brachte die Austria zum Schweigen.

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