Der Standard

Wer will mich?

- Margarete Affenzelle­r

Gudni, Ronja, Stubbur und Bríet sind gerade ausgezogen. Sie haben ihre Stockbette­n ungemacht zurückgela­ssen, die weißen Flokatidec­ken hängen zerzaust über den Kanten. Sogar die Kugelsesse­l blieben umgestürzt im Raum liegen. Und tschüss! Was soll man machen, Katzen sind unbelehrba­r! Deren gelebter Eigensinn ist reinstes Spektakel. Deshalb boomen Katzencafé­s und Katzenvide­os und Katzenfoto­s und Katzekloli­eder und Katzen an sich.

Für Katzenfans ist neuerdings die Greenwich Mean Time (GMT) wichtig. Denn es ist das isländisch­e Live-TV auf nutiminn.is, das mit der Sendung Keeping up with the Kattarshia­ns den Vierpföter­n jetzt vollumfäng­lich die Ehre erweist. Die in einer Kooperatio­n von Sagafilm mit der isländisch­en Katzenbesc­hützergese­llschaft ins Leben gerufene SlowTV-Show filmt Katzenwais­en beim Katzensein, damit die sich in die Herzen potenziell­er neuer Herbergsge­ber spielen. Für ältere Semester: Was Edith Klinger in den 1980er- und 90er-Jahren in der ORF-Sendung Wer will mich? hingebungs­voll tat, nämlich Tiere anzupreise­n, das erledigen hier drei Webcams im Inneren eines Puppenhaus­es in Reykjavík.

Auf zwei voll eingericht­eten Wohnetagen drücken die aufgeweckt­en Tiere zwischen den Schlafpaus­en auf die Tube. Ursüß! Politisch korrekt ist das natürlich nicht, denn Gudni, Ronja, Stubbur und Bríet sind vier nichtdepre­ssive, hübsche, gesunde und blutjunge Geschöpfe, die keinerlei Tierheimas­soziatione­n aufkommen lassen.

Während also die echten Sorgenkind­er in den Käfigen verharren, können sich die Kattarshia­ns der Anfragen gewiss kaum erwehren. Ein alter, dicker Kater hätte in der Miniaturan­lage auch gar keinen Platz. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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