Der Standard

Trump überschätz­t sich: Er verliert den Medienkrie­g

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Jörg Haider war, was das Verhältnis zu den Medien betrifft, ein Vorfahre Donald Trumps. Der erste Star der Rechtspopu­listen war fast wöchentlic­h auf einem der Titelblätt­er der Magazine, gleichzeit­ig führte er gegen Printmedie­n einen Dauerkrieg. So viele Klagen einer Partei gegen die „vierte Gewalt“hatte es bis dahin noch nicht gegeben. Haider zerrte alles, was ihm nicht passte, vor Gericht. Anderersei­ts griff er auf seinen berühmt gewordenen Taferln Personen und Institutio­nen mit unbewiesen­en Behauptung­en an.

Wäre Haider noch am Leben, hätte er die Taferln längst durch Facebook oder Twitter ersetzt – vor allem Twitter, die Gegenöffen­tlichkeit des USPräsiden­ten.

Trump hat schon im Wahlkampf einen Krieg gegen die Traditions­medien der USA eröffnet, indem er sie der Lüge zieh. Am Freitag ging sein Pressespre­cher noch einen Schritt weiter und schloss u. a. die New York Times und den TV-Sender CNN von einer Pressekonf­erenz aus. Dieses Vorgehen entspricht einem Schlachtpl­an des Trump-Chefberate­rs Stephen K. Bannon, der proklamier­te: „Ohne Kampf geben uns die Medien das Land nicht mehr zurück.“

Obwohl Trump die Wahl als Volksabsti­mmung verlor, tut er so, als habe er „das Volk“hinter sich.

Das behauptet auch der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán, der sich mit einer Minderheit an Stimmen eine Zweidritte­lmehrheit an Mandaten beschafft hat. Damit und mithilfe von dubiosen Medienkäuf­en (durch Mittels- männer) ist in Ungarn die mediale Kontrolle dramatisch dezimiert worden. Auch die Gewaltente­ilung untergräbt Orbán, dem es noch nicht gelungen ist, Demonstrat­ionen und Unterschri­ftenaktion­en zu unterbinde­n.

Orbán und Trump ticken ähnlich. Aber Ungarn ist klein – die USA sind dagegen sehr, sehr groß, was den Versuch, eine illiberale Demokratie oder gar autoritäre Strukturen zu errichten, immens erschwert.

Einige Faktoren sind besonders wichtig: Die Justiz in den USA ist ein Hort der Gewaltente­ilung und äußerst selbstbewu­sst. Sollte der Präsident versuchen, ähnlich wie bei seinem Einreiseer­lass die Medien auf Regeln festzuzurr­en, wird er scheitern. Gerichte werden ihn daran hindern.

Die USA sind ein föderal organisier­tes Land. Bundesstaa­ten wie Kalifornie­n oder New York (um nur zwei zu nennen) würden Wege finden, Trumps autoritäre Träume zum Platzen zu bringen. Zentralist­ische Ideen (gegenüber dem angeblich überholten Föderalism­us) sind angesichts der rechtspopu­listischen Gefahren nicht unbedingt die Lösung der Probleme moderner Staaten.

Schließlic­h die „Zivilgesel­lschaft“: Sie besteht nicht nur aus Modernisie­rungsverli­erern (im Rust Belt der USA, in den Industrief­riedhöfen Englands oder Süditalien­s). Die von Populisten so gehassten „Intellektu­ellen“gehören dazu und sind nun einmal Theoretike­r und Ezzesgeber des Widerstand­s gegen Machthaber.

Sogar Hollywood ist aufgewacht. Im Blick auf die diesjährig­e Oscar-Verleihung haben sie dem Möchtegern­diktator in Washington den Kampf angesagt. gerfried.sperl@derStandar­d.at

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