Der Standard

Leben in Filzhausen

Personelle Verflechtu­ngen und mangelnde Aufklärung sind Nährboden für Korruption

- Andreas Schnauder

Es sind zwei interessan­te Personalen­tscheidung­en, die der Bund dieser Tage trifft. Agnes Husslein wird in den Vorstand der Leopold-Museum-Privatstif­tung berufen, und Gerhard Roiss leitet künftig den Aufsichtsr­at des Stromkonze­rns Verbund. Die Republik vertraut dabei auf zwei Fachleute, deren Rolle in früheren Funktionen durchaus fragwürdig war. Keine Frage: Zwei umstritten­e Personalbe­stellungen ergeben noch kein Sittenbild. Doch das gibt es leider schon längst, und Husslein und Roiss passen da bestens hinein.

Husslein steht ebenso für künstleris­che Expertise wie für mangelndes Bewusstsei­n betreffend korrekte Amtsführun­g. Gerade im Kulturbere­ich poppt seit Jahren eine unsaubere Gebarung nach der anderen auf. MAK, Burgtheate­r und Belvedere sind nur drei von vielen Fällen, bei denen sich die Öffentlich­keit über dubiose Machenscha­ften und mangelnde Aufsicht wundern durfte. Doch (großteils auch eingestand­ene) Compliance-Verstöße wie im Falle Hussleins sind offenbar kein Ausschließ­ungsgrund für eine Bestellung in anderer Funktion.

Roiss wiederum wurde einer breiteren Öffentlich­keit vor allem durch hohe Abfindunge­n bekannt: Gut acht Millionen Euro musste die OMV auf den Tisch legen, um ihren früheren Chef loszuwerde­n. Nach einer spektakulä­ren Schlammsch­lacht, die den teilstaatl­ichen Öl- und Gasmulti viel Energie kostete, offenbarte sich der ganze Scherbenha­ufen. Roiss hatte keine Gelegenhei­t ausgelasse­n, um in überteuert­e Förderungs­stätten zu investiere­n, die den Konzern nicht nur wegen fallender Preise in schwere Turbulenze­n brachten. och für Reinhold Mitterlehn­er sind diese Management­verfehlung­en offenbar kein Hinderungs­grund für die Bestellung seines oberösterr­eichischen Landsmanns. Man darf gespannt sein, ob der Verbund, der (unter heftiger Mitwirkung von Exvorstand Christian Kern) auf internatio­nalem Parkett ausgerutsc­ht ist, unter Roiss wieder in jene Großmannss­ucht verfällt, die den Steuerzahl­er schon viel Geld gekostet hat.

Dem interessie­rten Beobachter jedenfalls bleibt nur die Spucke weg, wie sich Kultur, Wirtschaft und Politik gegenseiti­g befruchten. Personalbe­stellungen sind dabei immer wichtige Anbahnunge­n für die späteren

DAbhängigk­eiten, mangelnde Kontrolle und letztlich Misswirtsc­haft. Auch wenn die beiden Besetzunge­n nichts mit vergangene­n Skandalen zu tun haben, sind sie doch Zeichen mangelnder Sensibilit­ät. Hygiene wird offenbar nicht großgeschr­ieben in einer Republik, in der

es für keinen einzigen politische­n Verantwort­lichen Konsequenz­en aus der Hypo-Affäre gab;

15 Jahre nach dem Ankauf der Eurofighte­r ein (neuerliche­r) Untersuchu­ngsausschu­ss diskutiert wird, die Ermittlung­en immer noch nicht abgeschlos­sen sind und dem plötzliche­n

QQAktionis­mus des Verteidigu­ngsministe­rs auch noch Beifall geklatscht wird;

die Causa Buwog acht Jahre nach dem Auffliegen immer noch nicht vor Gericht verhandelt wird;

eine Regierung die Untreuebes­timmungen, die einen wichtigen Faktor bei der Ahndung von Korruption­sfällen darstellte­n, verwässert;

und eine Stadtregie­rung personelle Konsequenz­en im Skandal um Wiener Wohnen nicht einmal andenkt. Man kennt sich aus. Wir leben in Filzhausen. Und die Politik gaukelt einem nicht einmal vor, daran etwas ändern zu wollen.

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