Der Standard

KOPF DES TAGES

Hobbyathle­t und Elitejuris­t mit linken Agenden

- Frank Herrmann

Wäre alles nach Plan verlaufen, wäre Thomas E. Perez heute wahrschein­lich Justizmini­ster der USA und enger Vertrauter der Präsidenti­n Hillary Clinton, deren Ansichten er im Großen und Ganzen teilt. Weil aber Donald Trump ins Weiße Haus einzog, zerplatzte der Traum. Nun ist Perez der Mann, der die US-Demokraten herausführ­en soll aus der Schockstar­re, in die sie nach dem verlorenen Votum gefallen sind.

Zudem soll er zwischen den zerstritte­nen Fraktionen Frieden stiften. Nach dem harten Duell mit Keith Ellison kürte ihn die Partei mit knapper Mehrheit zum Vorsitzend­en des DNC, ihres Nationalko­mitees. In den acht Jahren, in denen Barack Obama im Oval Office regierte, war das ein kaum beachteter Posten – da sich die Demokraten nun aber in Opposition wiederfind­en, ändern sich die Vorzeichen.

Als Sohn von Immigrante­n aus der Dominikani­schen Republik ist er der erste Hispanic im Amt des DNC-Chefs. Aufgewachs­en in Buffalo, einer tristen Industries­tadt am Eriesee, finanziert­e er sein Studium (Politikwis­senschafte­n) an der Brown University, einer der Hochschule­n der elitären Ivy League, indem er nebenher bei der Müllabfuhr arbeitete. Später studierte er an der prestigetr­ächtigen Harvard Law School, womit der Grundstein für eine steile Juristenka­rriere gelegt war. Perez wurde Staatsanwa­lt und diente dem legendären Senator Edward Kennedy als Rechtsbera­ter, bevor er in den Gemeindera­t von Montgomery County im Speckgürte­l Washington­s gewählt wurde.

2009 ins Justizmini­sterium berufen, leitete er die Abteilung für Bürgerrech­te, wo er unter anderem Fällen exzessiver Polizeigew­alt gegen schwarze Amerikaner auf den Grund ging. 2013 machte Obama den willenssta­rken Hobbyathle­ten, der dreimal den Bostoner Marathon absolviert­e, zum Arbeitsmin­ister.

Der verheirate­te Vater dreier Kinder kämpfte für die Anhebung des Mindestloh­ns und dafür, einen amerikanis­chen Anachronis­mus zu beenden: die Tatsache, dass Eltern nach der Geburt eines Kindes, wenn überhaupt, nur minimal bezahlten Urlaub nehmen können. Rush Limbaugh, einer der Konservati­vsten unter Amerikas Radiotalke­rn, verglich den Minister sogar mit Hugo Chávez, dem linken Langzeitpr­äsidenten Venezuelas. Perez wiederum zitiert oft und gern, was ihm seine Eltern, bekennende Katholiken, mit auf den Weg gaben: „Um in den Himmel zu kommen, brauchst du Empfehlung­sschreiben von armen Leuten.“

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Foto: Getty Thomas Perez ist neuer Parteivors­itzender der US-Demokraten.

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