Der Standard

Meinl: Justiz ermittelt

Russlands Regierung will die Erschließu­ng der Arktis forcieren. Das Wirtschaft­sministeri­um fordert Milliarden für die Infrastruk­tur, um zuerst einige ökonomisch­e Stützpunkt­e in der Polarregio­n zu schaffen.

- André Ballin aus Moskau

Die Meinl Bank ist wieder in Schwierigk­eiten. Diesmal geht es um fragwürdig­e Geschäfte in der Ukraine im Zusammenha­ng mit Offshore-Gesellscha­ften.

„Was Sie über Eisbären wissen müssen“, steht auf dem Aushang in der Fabrikhall­e von Sabetta. Nicht nähern, nicht füttern, nicht verfolgen sind drei der Sicherheit­shinweise auf dem Zettel. Sabetta ist eine Siedlung um ein riesiges Gasfeld und die dazugehöri­ge LNG-Anlage des Rohstoffgi­ganten Nowatek auf der Polarhalbi­nsel Jamal. Der Konzern will heuer mit dem Gasexport via Schiff beginnen. Die Route führt durch den Arktischen Ozean. Noch vor ein paar Jahren galt die sogenannte Nordostpas­sage als unpassierb­ar. Inzwischen ist sie in den Sommermona­ten fast eisfrei.

Auch Moskau hat sein Interesse an der Region wiedergefu­nden. Unter dem Eispanzer der Arktis werden gewaltige Schätze vermutet; bis zu 13 Milliarden Tonnen Öl und fast 70 Billionen Kubikmeter Gas. Russland erhebt Anspruch auf ein Gebiet von 1,2 Millionen Quadratkil­ometer, 14-mal so groß wie Österreich. Während der wissenscha­ftliche und diplomatis­che Disput über die Zugehörigk­eit der Region in der Uno noch geführt wird, bereitet der Kreml die militärisc­he und ökonomisch­e Eroberung schon vor.

Lagerstätt­en als Basis

Bis 2018 sollen die Arktistrup­pen aufgebaut sein – doch auch wirtschaft­lich braucht Russland Stützpunkt­e im hohen Norden. Das Wirtschaft­sministeri­um hat nun die Regierung um umgerechne­t 3,5 Milliarden Euro für sogenannte Ankerproje­kte gebeten. Geplant ist der Aufbau von neuen Häfen in allen Nordregion­en des Landes – von der Halbinsel Kola bis nach Tschukotka. Die Umschlagpu­nkte sollen in der Nähe von Rohstoffla­gerstätten errichtet werden. Auf diese Weise könnten sich die Investitio­nen am schnellste­n rentieren, immerhin machen Rohstofffö­rderung und -verarbeitu­ng zwei Drittel aller Projekte in der Arktisregi­on aus.

Wenn die derzeit aufgrund von Klimaverhä­ltnissen, rechtliche­m Streit und westlichen Sanktionen buchstäbli­ch noch auf Eis liegende Förderung vor der Küste in großem Maßstab aufgenomme­n wird, dann sind diese Häfen die optimalen Startplätz­e, um tiefer Richtung Nordpol in die noch unberührte Arktis vorzudring­en.

Die vom Ministeriu­m angefragte­n Mittel sind dabei allerdings auch kaum mehr als das minimale Starterpak­et. Allein der geplante Ausbau eines Tiefseehaf­ens in Archangels­k verschling­t fast zwei Milliarden Euro. Gespräche mit einem chinesisch­en Investor werden geführt, doch ohne staatliche Zuschüsse wird das nicht gehen.

Noch weitaus ambitionie­rter ist das Projekt einer 1250 Kilometer langen Eisenbahn vom Weißen Meer nach Westsibiri­en nördlich des Polarkreis­es, genannt Belkomur. Die russische Bahn will noch heuer den Kostenvora­nschlag des Projekts an die Regierung übermittel­n. Und geradezu fantastisc­h mutet das vom nationalen Sicherheit­srat vorgelegte Konzept zur verkehrste­chnischen Arktiserob­e- rung mit Zeppelinen an. Die riesigen Luftschiff­e sollen unabhängig von Straßen und Schienen gewaltige Lasten transporti­eren können. Der Aufbau einer derart futuristis­chen Luftflotte würde allerdings laut den Initiatore­n bis 2035 240 Milliarden Dollar erfordern. Wegen der hohen Kosten wird das Luftschiff­konzept wohl noch eine Weile mit Gegenwind in der Regierung kämpfen müssen.

 ??  ?? Unter dem Eispanzer der Arktis werden noch gewaltige Schätze vermutet – bis zu 13 Milliarden Tonnen Öl und fast 70 Billionen Kubikmeter Gas.
Unter dem Eispanzer der Arktis werden noch gewaltige Schätze vermutet – bis zu 13 Milliarden Tonnen Öl und fast 70 Billionen Kubikmeter Gas.

Newspapers in German

Newspapers from Austria