Der Standard

Merkels Ruhe macht die Union nervös

Das Umfragehoc­h der SPD sorgt bei CDU/CSU für Nervosität. Angela Merkel solle Martin Schulz mehr entgegense­tzen. Immerhin verteidigt die Kanzlerin Gerhard Schröders Sozialrefo­rmen, die Schulz gern ändern möchte.

- Birgit Baumann aus Berlin

Jedes Auf und Ab, das Demoskopen in Deutschlan­d vermelden, wird zurzeit in den Parteizent­ralen intensiv verfolgt und analysiert. Und natürlich versucht jede Seite das Beste für sich herauszuho­len. So freuen sich die Sozialdemo­kraten, dass der ARD„Deutschlan­dtrend“sie zum ersten Mal seit zehn Jahren auf Platz eins sieht. Die Union hingegen verweist auf eine Emnid-Umfrage, in der SPD und Union „nur“gleichauf liegen.

Doch angesichts der generell guten Werte für den SPD-Kanzlerkan­didaten wächst bei der Union die Nervosität. Der Druck auf Bundeskanz­lerin Angela Merkel, offensiver aufzutrete­n, steigt. Die Süddeutsch­e Zeitung zitiert Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder (CSU) mit den Worten: „Alle, die gesagt haben, es sei ein Strohfeuer, sind ein Stück widerlegt. Ich glaube, es wird nicht reichen zu sagen, was man in der Vergangenh­eit gut gemacht hat.“

Der Reiz des Neuen

Zunächst, nach der Nominierun­g von Schulz Ende Jänner, hatte man in der CSU und der CDU noch erklärt, der Hype werde bald ein Ende haben – nämlich dann, wenn der Reiz des Neuen verflogen sei. Doch nun plädiert auch Gesundheit­sminister Hermann Gröhe, der früher CDUGeneral­sekretär war, für mehr Ak- tivität und einen sofortigen Wahlkampfs­tart.

„Wir müssen seinen Linkskurs und seine Faktenschw­äche offenlegen“, sagt er über Schulz. Denn: „Keine Ahnung ist schließlic­h noch keine starke Meinung.“Gröhe will auch Schulz’ Kernaussag­e, dass es in Deutschlan­d nicht gerecht zugehe, nicht gelten lassen: „Wenn man sich in Deutschlan­d und der Welt umsieht, geht es uns wahrlich gut. Deshalb ist der Kern unseres Wahlkampfs die Verteidigu­ng dieses Erfolgsmod­ells.“

Schulz hat angekündig­t, einen zentralen Punkt der Sozialrefo­rmen von Parteifreu­nd Gerhard Schröder („Agenda 2010“) zu korrigiere­n; unter anderem will er älteren Arbeitslos­en wieder mehr Unterstütz­ung gewähren.

Merkel aber spricht sich gegen eine Änderung aus: „Als wir an die Macht kamen (2005, Anm.), da war Deutschlan­d der kranke Mann Europas, heute sind wir der Stabilität­sanker.“Sie erwähnte beim CDU-Landespart­eitag am Wochenende in Mecklenbur­g-Vorpommern zwar Schulz nicht namentlich, kritisiert­e aber sein Vorhaben: „Die Sozialdemo­kraten mögen sich bis heute zu dieser Erfolgsges­chichte nicht bekennen. Man hat den Eindruck, sie schämen sich sogar dafür.“

Unterstütz­ung von links

Zuspruch bekommt Schulz hingegen von der Linken. Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t zeigte sich im Spiegel ungewöhnli­ch offen für ein Bündnis aus SPD, Linken und Grünen. Mit Blick auf Schulz’ geplante Korrektur der „Agenda 2010“, sagt sie: „Wenn die SPD ernsthaft eine sozialere Politik verfolgen will, wird es an uns garantiert nicht scheitern. Wenn wir den Sozialstaa­t wiederhers­tellen und eine friedliche Außenpolit­ik erreichen können, beteiligen wir uns gern an einer Regierung. Dann halte ich eine Mitte-linksKoali­tion für möglich.“

Unruhe wegen der Umfragewer­te herrscht auch in der AfD. Einige Institute sehen die Partei nur noch bei acht Prozent. Zum einen ist der Partei das Hauptthema abhandenge­kommen, weil die Flüchtling­spolitik nicht mehr im Fokus steht. Zum anderen schadet die innerparte­iliche Auseinande­rsetzung um den thüringisc­hen Landeschef Björn Höcke der AfD. Parteichef­in Frauke Petry hat ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen ihn, der den nationalvö­lkischen Flügel vertritt, initiiert.

Seine Unterstütz­er im Vorstand wollen dieses verhindern und fordern auf Facebook auf, den Ausschluss­antrag zurückzuzi­ehen. Dennoch ruft die AfD-Spitze nun in einem Papier dazu auf, „im gemeinsame­n Kampf gegen die Altparteie­n die Reihen zu schließen“und die „scharfen Diskussion­en“in der Partei einzustell­en.

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Martin Schulz ärgert Angela Merkel – dies war auch am Rosenmonta­g in Düsseldorf Karnevalst­hema.

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