Unterschätzte Rechte „für jede und jeden“
Zehn Jahre EU- Grundrechteagentur im Zeichen von Fluchtbewegung und Krisen
Wien – Das Problem sei, „dass sich in der EU viele Menschen der Wichtigkeit der Grundrechte nicht bewusst“seien, sagte Michael O’Flaherty im Gespräch mit dem Standard. Sie hätten den Eindruck, „dass diese Rechte nur für andere gemacht sind, nicht für jede und jeden von uns“.
Der Anlass dieser wenig positiven Einschätzung des Direktors der in Wien ansässigen Agentur für Grundrechte (FRA) wäre eigentlich ein Grund zum Feiern: Vor zehn Jahren, am 1. März 2007, hat die FRA ihre Arbeit aufgenommen. Auf Grundlage von Daten, die sie selbst EU-weit erhebt, berät sie seither die Institutionen und Mitgliedstaaten der Union in Menschen- und Grundrechtsfragen.
Zuletzt etwa zum bereits wiederholten Mal zur Lage von Roma in der EU: vor allem in den östlichen und südöstli- chen Mitgliedstaaten eine bedeutende Minderheit. Die Roma, so ergab eine vor wenigen Tagen veröffentlichte FRA-Studie, sind fünfmal stärker armutsgefährdet als der EU-Durchschnitt.
Der zehnte FRA-Geburtstag wurde am Dienstag mit hochkarätiger Beteiligung bei einem Symposium im Wiener Haus der EU begangen. Präsentationen des ehemaligen Vizechefs der EU-Kommission, Franco Frattini, und des belgischen Experten für internationales Recht Jan Wouters zur Frage, ob es in der Union eine Krise der Grundrechte gebe, standen auf dem Programm und danach zum selben Thema eine von Manfred Nowak, Menschenrechtsexperte an der Universität Wien, moderierte Podiumsdiskussion mit O’Flaherty, seinem Vorgänger als FRA-Direktor, Morten Kjaerum, sowie der Direktorin der FRA-Vor- läuferinstitution, Beate Winkler. Beim Festakt mit musikalischer Begleitung am Abend sollten unter anderen der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Kunst- und Kulturminister Thomas Drozda sowie die EU-Justiz-, -Konsumentenschutzund -Gleichstellungskommissarin Vera Jourova zu Wort kommen.
Tote auf griechischen Inseln
Ein zentraler Arbeitsbereich der FRA ist seit der Fluchtbewegung 2015/2016 die Asylpolitik. Im monatlich erscheinenden Überblick zur Lage in 14 Unionsstaaten im heurigen, extrem kalten Jänner ist etwa von sechs Toten in den Flüchtlingsinternierungszentren auf den griechischen Inseln Lesbos und Samos die Rede. Beim Untergang eines Flüchtlingsschiffs zwischen Libyen und Italien seien „hunderte Menschen“gestorben.
Aus Österreich, Polen, Dänemark, Ungarn sowie aus Italien wird von Asylgesetzverschärfungsplänen berichtet. (bri)