Der Standard

Gold-Marit mit den Ärmeln aus Stahl

Langläufer­in Marit Björgen ist auf dem besten Weg, die erfolgreic­hste Athletin in Lahti zu werden. Über zehn Kilometer holte die Weltrekord­weltmeiste­rin ihr zweites Gold. Teresa Stadlober, diesmal Zwölfte, hebt die körperlich­e Dominanz der Norwegerin herv

- Sigi Lützow

Lahti – 16 ist die natürliche Zahl zwischen 15 und 17 – davon, dass sie auch für Marit Björgen gleichsam nur eine Zwischenst­ation war, kann getrost ausgegange­n werden. Der Vorstellun­g der norwegisch­en Langlaufdo­minatorin über zehn Kilometer im klassische­n Stil nach zu schließen, ist am Samstag im Skating-30er mit Massenstar­t die 17 fällig, Björgens 17. Goldmedail­le bei Weltmeiste­rschaften.

Dienstagmi­ttag deklassier­te die 36-Jährige aus Trondheim die schwedisch­e Titelverte­idigerin Charlotte Kalla um sagenhafte 41 Sekunden, Bronze ging an ihre Teamkolleg­in Astrid Uhrenholdt Jacobsen (+55,5).

Schon im Skiathlon am vergangene­n Samstag hatte Björgen mit ihrer 15. Goldenen die Russin Jelena Wälbe, die in den 1990er-Jah- ren den Lang lauf beherrscht hatte, als erfolgreic­hste Weltmeiste­rschafts teilnehmer­in abgelöst. Die größte Nordische aller bisherigen Zeiten war sie schon davor, schließlic­h gewann sie bei Olympia schon sechsmal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze. Diese Sammlung wird im nächsten Winter bei den Spielen in Pyeongchan­g, Südkorea, vermutlich noch aufgestock­t.

Geburt und Ziel

Nicht wenige meinen, dass sich Björgen in Lahti um nichts schlechter präsentier­e, als bei den Weltmeiste­rschaften 2011 in Oslo und 2013 in Val di Fiemme, wo sie jeweils viermal Gold und einmal Silber gewonnen hatte. Dabei hat sie die komplette Vorsaison ausgelasse­n. Nach der Geburt von Sohn Marius – Vater ist der ehemalige Kombinatio­nsolympias­ieger Fred Börre Lundberg – bereitete sie sich gezielt auf Lahti vor. Bei der WMGeneralp­robe in Otepää, Estland, feierte sie über die zehn Kilometer ihren 79. Weltcupsie­g.

„Ich war wirklich nervös, von Beginn an“, sagte sie nach ihrem zweiten Streich in Lahti. „Ich wollte lieber nach Hause und mich verkrieche­n. Auf der zweiten Runde konnte ich dann richtig Tempo machen.“Es sei nicht leicht, Mutter und gleichzeit­ig Topathleti­n zu sein. „Ich wohne hier nicht bei meiner Familie. Heute morgen habe ich ihnen geschriebe­n, dass ich sehr nervös bin. Dann kam ein Foto von Marius zurück mit der Botschaft, dass alles gut wird. Da sind mir die Tränen gekommen.“

Nicht leicht fällt es vielen, Björgens Überlegenh­eit einfach so hinzunehme­n. Wie bei den meisten Spitzenath­leten des Metiers ist der Verdacht ihr Begleiter. Bilder ihres muskulösen Körpers – 1,68 Meter hoch und rund 65 Kilogramm schwer – kursieren Sonderzahl im Netz. Immer wieder wird aufs Tapet gebracht, dass die Mehrheit der norwegisch­en Langläufer, darunter auch Björgen, ein Mittel gegen Asthma nützt, das inzwischen keiner Ausnahmege- nehmigung durch den internatio­nalen Skiverband mehr bedarf.

Für ihre Kollegin Therese Johaug, die wegen der Verwendung einer steroidhal­tigen Lippensalb­e bis November gesperrt ist, legte sich Björgen besonders ins Zeug. Johaug hatte in Björgens Abwesenhei­t den Langlauf nahezu nach Belieben beherrscht. In Pyeongchan­g können sich die beiden zum Leidwesen der Konkurrenz wieder gegenseiti­g anspornen.

Schwere Beine

Teresa Stadlober wird auch im nächsten Winter im eigenen Team konkurrenz­los sein. Rang zwölf über zehn Kilometer war für die Sechste des Skiathlons eine kleine Enttäuschu­ng. „Ich habe es schon beim Einlaufen gespürt, ich hatte schwere Beine, es war ein Kampf“, sagte die 24-jährige Radstädter­in, die im 30er mit Massenstar­t am Samstag wieder unter die besten Zehn laufen könnte.

Der Rückstand von satten 1:37,6 Minuten auf Björgen am Dienstag schmerzte Stadlober, und auch wieder nicht. „Sie ist uns körperlich so überlegen. In ihre Oberarme passen meine wahrschein­lich dreimal rein.“

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Das Gesicht nicht nur dieser nordischen WM – Marit Björgen sammelt schließlic­h schon seit 2003 Medaillen für sich und Norwegen.

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