Der Standard

Gazprom schraubt Preise in die Höhe

Zehn Prozent Aufschlag im Europagesc­häft angekündig­t

- André Ballin aus Moskau

Die russische Gazprom hat Preiserhöh­ungen von zehn Prozent im Europagesc­häft angekündig­t: 180 und 190 Dollar pro 1000 Kubikmeter werden verrechnet, sagte der stellvertr­etende GazpromChe­f Alexander Medwedew auf dem Investoren­tag des Konzerns in Singapur. Im vergangene­n Jahr exportiert­e der Staatskonz­ern sein Gas in die EU-Länder noch für durchschni­ttlich 167 Dollar.

Die Preisanheb­ung ist keine große Überraschu­ng. Im vergangene­n Jahr ist bereits der Ölpreis von seinen Tiefs bei 28 Dollar pro Barrel auf das Doppelte gestiegen. Gazprom hat seine Lieferunge­n in den meisten Fällen an den Ölpreis gekoppelt. Die Gaspreise folgen damit der Entwicklun­g des Öls in einem zeitlichen Abstand von sechs bis neun Monaten.

Für neue Rabatte – wie sie in den letzten Jahren offeriert wurden – sieht der russische Gasriese in Europa keinen Anlass: Immerhin konnte Gazprom seinen Marktantei­l 2016 von 31 auf 34 Prozent steigern. Auch in der Menge erreichte der Export nach Europa mit 179,3 Millionen Kubikmeter ein Allzeithoc­h: „Im Gegensatz zum Sport stellen wir unsere Rekorde ohne die Einnahme von Doping auf, also ohne Subvention­en, für die im Endeffekt der Verbrauche­r zahlen muss“, lautete Medwedews Seitenhieb auf die Dopingaffä­re russischer Athleten.

Während die russische Führung zuletzt mehrfach eine wirtschaft­liche Wende gen Osten angekündig­t hat, bleibt der Energiesek­tor konservati­v. Europa sei und bleibe für Gazprom der wichtigste Markt, machte Medwedew deutlich. Konkurrenz durch Fracking fürchtet Gazprom nicht: Vorstandsm­itglied Oleg Aksjutin sprach von einem „Schieferga­sfieber“, das sich aber in Europa nicht nach amerikanis­chem Vorbild wiederhole­n lasse. Die Förderkost­en seien zu hoch, um den Wettbewerb mit Erdgas zu bestehen, ist die Gazprom-Führung inzwischen überzeugt. Mit den Prognosen bei Gazprom ist es allerdings so eine Sache: 2008 hatte Vorstandsc­hef Alexej Miller Gaspreise von 500 bis 1000 Dollar vorausgesa­gt. Davon ist der Markt trotz der jüngsten Erholung noch weit entfernt.

Nur leichte Entlastung

Von den fallenden Gaspreisen konnten die Verbrauche­r in den letzten Jahren übrigens nur unwesentli­ch profitiere­n: Laut Eurostat kostete die Kilowattst­unde Österreich­s private Haushalte im ersten Halbjahr 2016 6,90 Cent gegenüber dem Hochstand von 7,67 Cent pro Kilowattst­unde im ersten Halbjahr 2013, während im gleichen Zeitraum der Gazprom-Exportprei­s von 380 Dollar auf 170 gesunken ist. Ob die europäisch­en Energiever­sorger nun die Preiserhöh­ung an den Verbrauche­r weitergebe­n, ist daher offen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria