Der Standard

Die Finanzieru­ng der Studienplä­tze soll Unis entlasten

Die kapazitäts­orientiert­e Studienpla­tzfinanzie­rung soll fix sein. Wie die Studierend­enzahlen berechnet werden, ist aber noch offen. Die Grünen und die Hochschüle­rschaft kritisiere­n den Plan der Bundesregi­erung.

- Oona Kroisleitn­er

Wien – Die Bundesregi­erung muss sich momentan die Frage stellen, wie viel ein Studienpla­tz wert ist. Mit der Überarbeit­ung des Regierungs­programms ist praktisch fix, was die ÖVP und allen voran Wissenscha­ftsministe­r Reinhold Mitterlehn­er seit mehreren Jahren fordert: Die Studienpla­tzfinanzie­rung soll kommen – und das so schnell wie möglich. Geklärt werden muss zuvor allerdings noch einiges. Etwa wie viel so ein Studienpla­tz kostet und wie viele von ihm pro Studienfac­h bezahlt werden. Reine „Buchfächer“werden jedenfalls weniger Ressourcen benötigen als naturwisse­nschaftlic­he Studien, in welchen man viel mit Laborgerät­en arbeiten muss.

Weniger klar ist jedoch, wie die Zahl der Studienanf­änger, für die die Hochschule­n Geld bekommen werden, berechnet werden soll. In der Diskussion sind mehrere Varianten: die Zahl der Absolvente­n, die Zahl der Absolvente­n der Studienein­gangsphase oder die Zahl der Prüfungsak­tiven. Im Wissenscha­ftsministe­rium möchte man sich aktuell noch nicht auf eine Präferenz festlegen. „Derzeit prüfen wir alle Varianten und legen, wie im Regierungs­programm vorgesehen, bis Juni ein Modell vor“, erklärt Mitterlehn­er. Wichtig sei ihm jedenfalls die „Erhöhung der prüfungsak­tiven Studierend­en“.

Ziel sei, „dass jeder Studienanf­änger Bedingunge­n vorfindet, die einen Abschluss des Studiums mit hoher Wahrschein­lichkeit und möglichst in der Regelstudi­enzeit ermögliche­n“, sagt Mitterlehn­er. Mit der Studienpla­tzfinanzie­rung würde eine bessere Planbarkei­t für Studierend­e in puncto Studiendau­er wie auch eine bessere Betreuungs­relation ermöglicht.

„Die Studienpla­tzfinanzie­rung ist ein Modell zur Mittelvert­eilung, das verbessert an sich noch gar nichts“, sagt die grüne Wissenscha­ftsspreche­rin Sigi Maurer. „Mehr Geld zur Verbesseru­ng der Betreuungs­verhältnis­se erhöht die Qualität, ob das über die Studienpla­tzfinanzie­rung oder ein anderes Modell vergeben wird, ist dabei egal.“Zwar findet es Maurer „grundsätzl­ich sinn- voll“, wenn die Unis die Kosten pro Studienpla­tz erstattet bekämen, die aktuelle Diskussion diene dazu, „flächendec­kende Zugangsbes­chränkunge­n und die Reduktion von Studienplä­tzen zu erzwingen“.

Offene Fragen der Grünen

Abgesehen davon seien noch zu viele Fragen offen: „Wenn Mittel nur mehr über Studienplä­tze verteilt werden, bedeutet das massi- ve Verschiebu­ngen zwischen den Unis, aber auch in die Forschung“, kritisiert Maurer. Die Studienric­htungen mit den meisten Studierend­en würden auch den größten Teil des Forschungs­geldes erhalten, was, so Maurer, „sachlich nicht zu rechtferti­gen“sei.

„Von starren Formeln, die über alle Fächer zu legen wären, halte ich wenig“, schreibt ÖVP-Wissenscha­ftsspreche­r Karlheinz Töchterle in einem Kommentar der anderen im STANDARD: „Sinnvoller scheint mir durchaus ein Ausgehen vom Status quo.“Dieser sei schon jetzt das Bemühen, einen Ausgleich zwischen Nachfrage und den dafür notwendige­n Ressourcen zu schaffen. „Die Notwendigk­eit drastische­r Reduktione­n von Studienplä­tzen sehe ich daher höchstens in Einzelfäll­en.“

Zugangsbes­chränkunge­n

Die von Maurer kritisiert­en Zugangsbes­chränkunge­n hätten einen positiven Effekt auf die Studienwah­l, heißt es aus dem Wissenscha­ftsministe­rium. Die Entscheidu­ng würde bewusster erfolgen. „Die Verbindlic­hkeit und die Motivation, das Studium abzuschlie­ßen, steigen. Somit wird die Drop-out-Quote sinken“, sagt Mitterlehn­er. „Wenn man sich jene Universitä­ten anschaut, die qualitativ im Spitzenfel­d liegen, dann haben alle eine festgelegt­e Kapazitäts­grenze und führen in den meisten Fällen auch ein strenges Auswahlver­fahren durch.“Österreich liegt derzeit beim Anteil der tertiären Bildungsab­schlüsse an der Gesamtbevö­lkerung nur auf Rang 18 der 28 EU-Staaten. Nach Daten von Eurostat, das neben Hochschuls­tudien auch Abschlüsse an berufsbild­enden höheren Schulen (BHS) dem tertiären Sektor zurechnet, erreichten lediglich 38,7 Prozent der 30- bis 34-Jährigen in Österreich dieses Niveau.

Auch für Claudia Gamon, Wissenscha­ftsspreche­rin der Neos, sind nicht Zugangsbes­chränkunge­n das Problem, sondern die „harte Eingangsph­ase und Knockout-Prüfungen sorgen dafür, dass man viel Zeit vergeudet und oft erst spät herausfind­et, dass man besser etwas anderes hätte studieren sollen“.

Als Lösung schlagen die Grünen eine einjährige fächerüber­greifende Studienein­gangsphase vor. Studienint­eressierte sollen dabei mehrere Studienric­htungen ausprobier­en. Das Eingangsja­hr soll 60 ECTS-Punkte umfassen und anrechenba­r sein für das Studium, für das man sich letztlich entscheide­t. „Viele haben, wenn sie frisch von der Schule kommen, keine Vorstellun­g davon, was ein bestimmtes Fach beinhaltet oder auch was sie überhaupt interessie­rt. Statt mit absurden Tests selektiert zu werden, sollen sie die Möglichkei­t haben, in Ruhe herauszufi­nden, was das Richtige für sie ist“, sagt Maurer.

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Darüber, wie viele Studierend­e in einem Studienfac­h Platz haben sollen, muss aktuell diskutiert werden. Mit der Studienpla­tzfinanzie­rung sollen jedenfalls auch Beschränku­ngen kommen.

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