Der Standard

Wenn die Teekanne singt

Die Disney-Verfilmung „Die Schöne und das Biest“ist ein Musical alter Schule und noch älterer Werte. Emma Watson trägt darin ein Dirndl.

- Michael Pekler

Wien – Man stelle sich vor, ein junger Schönling, der seit vielen Jahren mit seiner verschrobe­nen Mutter unter einem Dach lebt, begibt sich freiwillig an ihrer statt in die Hände einer hässlichen Verzaubert­en, die allein in einem ebenfalls verwunsche­nen Schloss lebt. Das wäre dann der Gegenentwu­rf zu La Belle et la Bête von Madame de Villeneuve und damit zu allen auf dem französisc­hen Volksmärch­en basierende­n Film- und Musicalada­ptionen.

Weil Märchen aber nicht umgeschrie­ben, sondern höchstens neu interpreti­ert werden und man irgendwann festgestel­lt hat, dass Kinder sie brauchen, bleibt auch in der aktuellen Disney-Verfilmung des Klassikers alles beim Alten. Angesiedel­t in einem mittelalte­rlich anmutenden französisc­hen Städtchen – hörbar an ein paar Brocken zumutbarer Landesspra­che („Mais oui!“) –, nimmt also auch in The Beauty and the Beast die Geschichte ihren bekannten Verlauf.

Doch noch während unter den spitzen Giebeln die Wäsche lustig an der Leine flattert und die namenlose Schöne ihren Hühnern ein paar Körner zum Frühstück streut, folgt die erste Überraschu­ng: Belle singt. Und weil Emma Watson dabei Tracht trägt, die einem Dirndlklei­d sehr nahe kommt, fühlt man sich wie im Trapp-Musical The Sound of Music.

Auftritt des Lieblings aller Dorfschwie­germütter, Gaston (Luke Evans), der in Begleitung seines schwulen Dieners LeFou (Josh Gad) – eine von Disney möglicherw­eise aus dem Film entfernte Kussszene sorgte im Vorfeld für ein wenig zusätzlich­e Werbung – unheimlich in Belle verliebt ist. Den Ungustl, den er später hervorkehr­en muss, indem er aus gekränktem Stolz den Lynchmob gegen das Biest (Dan Stevens) anführt, glaubt man diesem Schnösel allerdings mit keinem Wort.

The Beauty and the Beast ist ein synthetisc­hes Singspiel, dessen beste Momente am Ende kommen, wenn sich die ebenfalls vom Singen nicht abzuhalten­den Kerzenhalt­er, Teekanne und Standuhr in Emma Thompson, Ewan McGregor und Ian McKellen verwandeln. Dann hat die Schöne einmal mehr das Tier im Mann gezähmt und zivilisier­t. Und statt Dorffadess­e gibt es einen Rosengarte­n im Schloss. Jetzt im Kino

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Dieses Biest erfreut sich an der Schönen und den schönen Künsten.
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