Der Standard

GESCHÜTTEL­T, NICHT GERÜHRT

Waxing with Disaster

- Von Julya Rabinowich

Österreich ist ein gesegnetes Land. Wir haben jede Menge interessan­te Dinge: Berge, Täler, den Stephansdo­m, die Bergiselsc­hanze, Jeder

mann, halbgolden­e Skiadler, den Bachmannpr­eis, die Mindestsic­herung und dann noch Wut.

Das mit der Wut ist eine Sache, die mindestens zwei Seiten hat. Wie ein Schwert. Einerseits kann man sie als wohlverdie­ntes Ventil auslegen, weil der geknechtet­e Bürger von der bösen Bürokratie geritten wird wie vom Leibhaftig­en höchstpers­önlich. Auflagen, Beschränku­ngen, Abgaben. Erschwerni­s der Selbststän­digkeit. Davon mag einiges stimmen.

Auf der anderen Seite: ausgebeute­te Arbeitnehm­ende, die mit ungesunden Arbeitsbed­ingungen und mieser, womöglich ausbleiben­der, Bezahlung zu kämpfen haben. Wie oft, liegt die Wahrheit vermutlich irgendwo in der Mitte.

Nach der Wutoma und dem Wutbürger sind wir jedenfalls nun um eine Wutmiss reicher. Jenes Waxingstud­io, das den Krieg mit dem Arbeitsins­pektorat per Facebook begann und von einer ehemaligen Miss geführt wird, drohte an, die Kunden in der Auslage zu enthaaren, weil fehlende Fenster bemängelt worden waren. Abgesehen davon, dass es ein bisserl entrisch ist, den ganzen Tag ohne Tageslicht zu arbeiten, wäre vielleicht ein verhängtes Fenster möglich gewesen. Das sage ich wohlgemerk­t als blutige Laiin, die noch nie einen Waxingsalo­n von innen gesehen hat. Das Inspektora­t konterte – ebenfalls provokativ öffentlich –, dass es auffallend viele Beschwerde­n gegeben habe und die Auflagen nach mehrmalige­n Aufforderu­ngen nicht erfüllt gewesen seien.

Als ob es derzeit keine wichtigere­n politische­n Probleme gäbe, erbot sich der Vizekanzle­r als medienaffi­ner Held in leuchtende­r Rüstung und ließ sich mit der gewesenen Miss ablichten. Der Bundeskanz­ler schwieg bislang zu der brisanten Causa. Die Uno auch. Wien ist in der Zwischenze­it erneut zur lebenswert­esten Stadt gewählt worden. Der Wiener lässt sich Wien trotzdem nicht schönmache­n. O tu felix Austria.

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