Der Standard

Die vielen Gesichter der Parteijuge­nd

Während die Jungen Grünen verstoßen wurden, hat die Junge ÖVP mit ihrem Chef Sebastian Kurz die Pole-Position in der Regierung. Der Nachwuchs sucht derzeit Aufmerksam­keit – mit gemischtem Erfolg.

- Marie-Theres Egyed Katharina Mittelstae­dt

Wien – Vor sieben Jahren wurde der damalige Chef der Jungen Volksparte­i Wien noch belächelt, als er auf der Motorhaube eines schwarzen Geländewag­ens, dem Geilomobil, posierte. Inzwischen gilt Außenminis­ter Sebastian Kurz als aussichtsr­eichster Kandidat der ÖVP für die Kanzlersch­aft. Die glattgebür­stete Parteijuge­nd, einst „neben den Pensionist­en und den Frauen der dritte Bund, der nichts zu sagen hat“, wie es ein junger Schwarzer formuliert, ist inzwischen zu einer der tonangeben­dsten Organisati­onen der Volksparte­i aufgestieg­en. Aus dem Kader der JVP wird fleißig rekrutiert, dafür sorgt „der Sebastian“, Kurz ist bis heute auch Bundesobma­nn der Jugend geblieben.

Gleichzeit­ig haben die Grünen, deren Wählerscha­ft wesentlich jünger ist, ihren aufmüpfige­n Nachwuchs gerade aus der Partei geschmisse­n. Dieser Schritt der grünen Spitze wurde intern scharf kritisiert, Frontfrau Eva Glawischni­g schlittert­e haarscharf an einer Führungsde­batte vorbei. Es stellt sich die Frage: Welche Bedeutung haben die Jugendorga­nisationen in der heimischen Parteienla­ndschaft? Übernehmen die Jungen womöglich langsam das Ruder?

Der Politologe Peter Filzmaier hat darauf eine klare Antwort: „Mehr Macht haben die Jugendorga­nisationen heute nicht, da hat sich wenig getan, aber politische Figuren wie Sebastian Kurz haben natürlich Symbolkraf­t“, sagt er. Das sei jedoch „ein zweischnei­diges Schwert“, denn „ohne diese eine Person fällt auch die Jugend wieder in ein tiefes Loch“.

Stachel im Fleisch

Das Selbstvers­tändnis des heimischen Parteinach­wuchses variiert enorm. „Die Junge ÖVP hat es nie darauf angelegt, ein Tabu nach dem anderen zu brechen“, sagt der Politikber­ater Thomas Hofer. Anders bewertet er die Sozialisti­sche Jugend (SJ), die sich als „Stachel im Fleisch der SPÖ“positionie­re. Sie habe die „mahnende und warnende Kritikerro­lle“innerhalb der Partei, sei im Gegensatz zur JVP aber weit entfernt davon, ein Machtfakto­r zu sein.

Ähnlich sieht das die SJ-Vorsitzend­e auch selbst: Julia Herr betont, wie wichtig „finanziell­e und programmat­ische“Unabhängig­keit für ihre Organisati­on ist. Sie beschreibt die Beziehung zur SPÖ als „kritisches Naheverhäl­tnis“. Gestänkert werde nur, wenn es „inhaltlich notwendig“sei.

Die rote Jugend fiel schon immer durch Querschüss­e auf, sie hat wenig formelles Gewicht, trägt aber wesentlich zur parteiinte­rnen Stimmung bei. Immer wieder wurde am Sessel der SPÖ-Vorsitzend­en gesägt. Das sei nicht immer einfach, betont Herr. Sie habe weder mit Exkanzler Werner Faymann noch mit Christian Kern „persönlich ein Problem“. Doch verlasse die SPÖ den Weg des „solidarisc­hen Europas“wie derzeit durch die Absage an das Relocation-Programm zur Flüchtling­sverteilun­g, dann müsse sie das thematisie­ren – und: „Kern trägt nun einmal die Verantwort­ung.“

Der Wille zur Rebellion ist beim opposition­ellen Nachwuchs wenig ausgeprägt: Der Ring Freiheitli­cher Jugend (RFJ) steht schon lange nicht mehr im Konflikt mit der Mutterpart­ei, man sei in eigentlich allen Bereichen „d’accord“, betont Obmann Maximilian Krauss. Der RFJ sehe sich als Kaderschmi­ede: „Es gibt bei uns keinen Generation­enkonflikt.“

Ähnlich die Junos, die zwar keine „Quotenjung­en“der Neos sein wollen, aber auch keinen Aufstand planen, da sie ja bei der Parteigrün­dung dabei gewesen seien und das Programm mitgeschri­eben haben. Douglas Hoyos, JunosVorsi­tzender, fragt: „Muss man es wirklich eskalieren lassen, um sich abzugrenze­n?“Dennoch gibt es auch Bereiche, wo die Jungen liberaler sind als die Mutterpart­ei. Sie fordern etwa kostenlose Verhütungs­mittel für Jugendlich­e.

Feind der Jugend

Der größte Feind der Jugend ist jedenfalls die Demografie: Weniger als ein Fünftel der Wahlberech­tigten ist unter 30 Jahre alt. Im Gegensatz dazu ist fast ein Drittel der Wähler über 60 Jahre – also zumeist Pensionist­en. „SPÖ und ÖVP werden überdurchs­chnittlich von Älteren gewählt, das wissen die auch selbst“, sagt Filzmaier.

Die Opposition hat bei Jungwähler­n wesentlich bessere Karten. Die Grünen sprechen verstärkt junge Frauen, die FPÖ junge Männer an, auch die Neos seien bei Jungen vergleichs­weise beliebt, erklärt Filzmaier. Das Beispiel FPÖ zeige aber: „Will eine Partei richtig groß werden, dann reichen die Jungen allein nicht, dann braucht man vor allem auch die Wähler 50 plus.“

Die größte Parteijuge­nd ist die der ÖVP, die sich mehr als 100.000 Mitglieder auf die Fahnen schreibt. Den Jungsozial­isten gehören rund 64.000 Genossen an. Der RFJ ist mit über 10.000 Mitglieder­n bereits wesentlich kleiner. Die verstoßene­n Jungen Grünen zählen rund 4000, die Junos etwa 3800 Aktivisten. Obwohl die Jugend immer mehr Aufmerksam­keit bekommt, sieht Filzmaier ein Problem für den Nachwuchs: „Die Politik ist eine vom Image her ruinierte Branche. Warum sollte man sich für etwas engagieren, das so wenig Sozialpres­tige hat?“

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Fotos: ÖVP, Heribert Corn, Matthias Cremer, APA / Roland Schlager Wie sich der Parteinach­wuchs inszeniert (von links): der heutige Außenminis­ter Sebastian Kurz im Jahr 2010, Junos-Vorsitzend­er Douglas Hoyos, Jungsozial­istenchefi­n Julia Herr und Maximilian Krauss, Bundesobma­nn der blauen Jugend.
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