Der Standard

Dutzende Tote durch giftiges Gas in Syrien

Während die Geldgeber in Brüssel versuchen, Gelder zur Unterstütz­ung der syrischen Bevölkerun­g aufzutreib­en, sterben in Idlib dutzende Menschen bei einem Angriff mit giftigen Substanzen. Die Opposition verlangt eine Untersuchu­ng durch die UN.

- Astrid Frefel

Damaskus/Kairo – Ein unbeschrei­bliches Grauen zeigen die Bilder auf syrischen Internetse­iten. Tote sind zu sehen, und Menschen, die mit dem Erstickung­stod ringen. Zuvor waren bei drei Luftangrif­fen über dem Ort Khan Shaikhoun Geschosse mit giftigen Substanzen abgeworfen worden. Bei der Attacke von Dienstagfr­üh in der Provinz Idlib wurden laut syrischer Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte 58 Menschen getötet, darunter viele Kinder. Hunderte wurden verletzt. Andere Quellen sprachen von bis zu hundert Toten. Später schlug eine Granate in die Klinik ein, in der die Verletzten versorgt wurden.

Da das Gift aus der Luft abgeworfen wurde – entweder aus einem Helikopter oder einem Jet –, ist für die Betroffene­n klar, dass das syrische Regime oder seine Verbündete­n hinter dem Angriff stehen – auch wenn noch nicht klar war, um welche chemische Substanz es sich handelt. Die EUAußenbea­uftragte Federica Mogherini machte Damaskus verantwort­lich, die Assad-Regierung selbst äußerte sich zunächst nicht. Russland erklärte, keine Angriffe geflogen zu haben.

Die Provinz Idlib im Norden Syriens wird von einer Allianz von Rebellen und radikalen Jihadisten kontrollie­rt. Sie ist häufig Ziel von Luftangrif­fen. Allein am Montag gab es nach Opposition­sangaben über hundert Einschläge. Die opposition­elle Nationale Koalition sprach von einem „scheußlich­en Verbrechen“, das jenem von 2013 in Ghouta bei Damaskus gleiche, das dem Regime angelastet wird.

In anderen Fällen ist der Einsatz von Chlorgas durch das Regime bestätigt worden, obwohl im Herbst 2013 Assads chemisches Arsenal unter Aufsicht der internatio­nalen Gemeinscha­ft vernichtet worden war. Damals hatten die USA mit Luftschläg­en gedroht.

Die Opposition verlangt nun eine dringliche Sitzung des UNSicherhe­itsrates und eine Untersuchu­ng. Stunden vor dem Angriff hatte die amerikanis­che UNBotschaf­terin Nikki Haley Syriens Präsidente­n Bashar al-Assad einen Kriegsverb­recher genannt, der von Russland und Iran unterstütz­t werde. Sie hoffe, sagte sie Fox News, die Trump-Regierung werde ihn zur Verantwort­ung ziehen. Die Absetzung Assads sei aber im Moment nicht US-Priorität, bekräftigt­e sie Trumps Position, sondern der Anti-IS-Kampf.

Geld für den Wiederaufb­au

In Brüssel versuchen derweil EU, UN und einige arabische Staaten Gelder für die Soforthilf­e an die Bevölkerun­g in Syrien und den Nachbarsta­aten zusammenzu­bringen. Sie wollen auch die Landwirtsc­haft in Syrien unterstütz­en und die Nachkriegs­zeit vorbereite­n. Allein für dieses Jahr werden nach UN-Berechnung­en 3,4 Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe und 4,7 Milliarden für die Flüchtling­e benötigt. Die Konferenz befasst sich auch mit einer möglichen EU-Unterstütz­ung nach dem Abschluss eines politische­n Abkommens. Die EUAußenbea­uftragte Federica Mogherini hatte dazu im März vorgeschla­gen, die EU könne bei der Sicherheit, bei der Entminung oder bei der Überwachun­g eines allfällige­n Waffenstil­lstandes helfen und Infrastruk­tur wie Wasser, Spitäler oder Schulen wieder aufbauen.

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Krater nach einem Luftangrif­f auf die Stadt Khan Scheichun in der syrischen Provinz Idlib. Laut Ärzten wurde dabei Giftgas freigesetz­t, dutzende Menschen sollen gestorben sein.

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