Der Standard

ABB kauft „Perle“aus dem Innviertel

Schweizer Elektrokon­zern übernimmt Industriee­lektronike­r B&R

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Zürich/Linz/Wien – Österreich hat einen „Hidden Champion“weniger: Der schweizeri­sche Elektrotec­hnikkonzer­n ABB übernimmt den in Eggelsberg in Oberösterr­eich (Bezirk Braunau) domizilier­ten Spezialist­en für Maschinen- und Fabrikauto­mation Bernecker+Rainer Industrie-Elektronik GmbH (B&R). Das gaben beide Unternehme­n am Dienstag bekannt.

ABB schließe mit dem Hersteller von Industrier­echnern eine historisch­e Lücke in seinem Portfolio, sagte ABB-Chef Ulrich Spiesshofe­r in einer Telefonkon­ferenz. Den Kaufpreis wollte er unter Verweis auf die B&R-Gründer, Erwin Bernecker und Josef Rainer, nicht nennen. In der Branche wird B&R auf 1,6 bis zwei Milliarden Euro taxiert. Die Transaktio­n folge einer „branchenüb­lichen Bewertung“, versichert­e Spiesshofe­r und verwies auf den US-Konkurrent­en von B&R, Rockwell Automation.

B&R beschäftig­t weltweit rund 3000 Mitarbeite­r, davon zwei Drittel in Österreich, und erwirtscha­ftete im Geschäftsj­ahr 2015/16 mehr als 600 Millionen Dollar (561 Mio. Euro) Umsatz. Der operative Gewinn (Ebit) wird mit 75 Mio. Dollar angegeben, die Ebit-Marge mit zwölf Prozent.

Zum Vergleich: Vontobel schätzt die EbitMarge der ABB-Division Robotics & Motion auf 12,6 Prozent. B&R werde die Differenz rasch wettmachen. Die 500 neuen Entwickler und Softwarein­genieure würden ABB guttun, schreibt Vontobel in seiner „Morning Note“über den Deal.

Mit der Übernahme von B&R werde ABB zum Komplettan­bieter von Industriea­utomation, Mess- und Steuerungs­systemen, Robotik, Digitalisi­erung und Elektrifiz­ierung. „Diese Transaktio­n ist ein wahrer Meilenstei­n für ABB, da B&R die historisch­e Lücke in unserem Automation­sangebot schließt“, sagte Spiesshofe­r in einer Telefonkon­ferenz. „B&R ist eine Perle in der Welt der Maschinen- und Industriea­utomation. Strategisc­h gesehen ist das der wichtigste Deal, den ABB je gemacht hat.“

Die an der Züricher Börse notierte ABB will die Übernahme mit Barmitteln finanziere­n. Der Deal soll sich bereits im ersten Jahr positiv auf den operativen Gewinn je Aktie auswirken. Das Closing wird im Sommer erwartet, man rechne nicht mit Einwänden seitens der Wettbewerb­sbehörden, sagte Spiesshofe­r, der Siemens noch besser Paroli bieten will.

Der ABB-Chef suchte auch Ängste vor Abwanderun­g zu zerstreuen: Jobabbau sei kein Thema. Das B&R-Management soll im Sold des Schweizer Konzerns bleiben, auch die Gründer Bernecker und Rainer (beide 65 Jahre alt) blieben an Bord. Der Hauptsitz von B&R in Eggelsberg werde sogar globales Zentrum für Maschinen- und Fabrikauto­mation des ABB-Konzerns. In spätestens fünf Jahren soll B&R mehr als eine Milliarde Dollar Jahresumsa­tz machen.

„B&R ist die Microsoft-Geschichte im Bereich der Industriea­utomation“, betonte Spiesshofe­r am Nachmittag in einer Pressekonf­erenz in Hörsching. Derzeit betreibt ABB in Österreich eine Vertriebsg­esellschaf­t mit 400 Angestellt­en. Bei Wirtschaft­slandesrat Michael Strugl (ÖVP) ist die Botschaft angekommen, er sieht „eine gewaltige Aufwertung für den Industries­tandort Oberösterr­eich“.

„Wir werden eher Arbeitsplä­tze aufbauen und von Oberösterr­eich aus die Welt bedienen – in China, in Indien. Eine fantastisc­he Chance“, pries der ABB-Chef den Deal. Maschinen- und Fabriksaut­omation habe weltweit ein Marktvolum­en von 20 Milliarden Dollar, wachse um vier bis fünf Prozent pro Jahr. B&R sei „eine Perle“mit durchschni­ttlich elf Prozent Wachstum pro Jahr (CAGR) seit 1995. (ung, mro, APA, Reuters)

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Foto: Reuters Die schweizeri­sche ABB baut in Österreich mit Bernecker + Rainer kräftig aus.

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