Der Standard

Bio vom Berg: Tiroler mit direktem Marktzugan­g

Genossensc­haft setzt sich gegen große Konkurrent­en auf dem Biomarkt durch

- Steffen Arora

Innsbruck – Biodiversi­tät, Förderung regionaler Kreisläufe, Verkäuferm­ärkte: Heinz Gstir spricht die Sprache der Chefetagen und ist doch im Herzen Milchbauer geblieben. Seine klobigen Hände zeugen von jahrzehnte­langer harter Arbeit im Stall, seine Worte spiegeln wiederum 15 Jahre Erfahrung am hartumkämp­ften Markt für landwirtsc­haftliche Bioprodukt­e wider. Aus der Brusttasch­e seines Hemdes lugt eine Packung Hobby-Zigaretten hervor. Gstir ist kein aalglatter Bio-Hipster mit BWL-Abschluss, der aufgesetzt­en gesunden Lifestyle zu Geld machen will. Der Unterlände­r ist Obmann der Genossensc­haft Bio vom Berg, der größten erzeugerge­führten Biomarke Mitteleuro­pas.

Keine Lust auf Investoren

„Authentizi­tät ist der Schlüssel“, sagt Gstir. Darum nimmt die Genossensc­haft, der heute rund 60 Anteilseig­ner – mehrheitli­ch Tiroler Biobauern, aber auch einige verarbeite­nde Betriebe wie Käsereien oder Fleischhau­er – angehören, keine Investoren auf: „Ein Genossensc­hafterante­il kostete bei der Gründung vor 15 Jahren 2000 Euro. Damals haben wir 40 Anteile verkauft, das war unser Startkapit­al.“Im Vorjahr erzielte Bio vom Berg einen Umsatz von 8,6 Millionen Euro. Insgesamt 600 Biobauern beliefern die Marke mittlerwei­le mit ihren Produkten.

„Bedingung ist, dass in den Bergen und biologisch produziert wird, wie der Name schon sagt“, erklärt Gstir. Denn die alpine Landwirtsc­haft sei die natürlichs­te und die Kleinstruk­turierthei­t der Betriebe in den Alpen ein Vorteil für biologisch­e Produktion.

Anderersei­ts sei sie auch ein Nachteil für die Bauern, die mit der Konkurrenz durch riesige Erzeuger in Deutschlan­d, Holland und anderen Ländern zu kämpfen haben. Die Landwirte seien in dieser Beziehung ganz klar als Globalisie­rungsverli­erer zu bezeichnen.

Bio vom Berg hat sich daher zum Ziel gesetzt, die regionalen Landwirte durch höhere Preise zu fördern und so zu erhalten, wie Gstir erklärt: „Eine besondere Landwirtsc­haft braucht einen besonderen Marktzugan­g.“

Den Ertrag investiert die Genossensc­haft in die Vermarktun­g und Entwicklun­g. „Wir haben bis heute keine Gewinnauss­chüttung ge- macht, weil wir nicht auf Gewinn ausgericht­et sind, das ist unser großer Vorteil“, sagt Gstir. Auf diese Weise konnte Bio vom Berg etwa im Vorjahr, während die Milchkrise den Literpreis auf unter 30 Cent drückte, seinen Erzeugern weiter über 50 Cent bieten. „Der Konsument muss halt bereit sein, für bessere Qualität ein bisschen mehr zu zahlen“, erklärt er den Zugang.

20 Prozent Wachstum

Und die Konsumente­n scheinen das zu verstehen. Allein 2016 verzeichne­te die Marke rund 20 Prozent Wachstum. Und der Plafond sei noch nicht erreicht. Neben dem heimischen Markt gelten auch die Nachbarlän­der Deutschlan­d und Italien als interessan­t für Tiroler Biowaren. Je nach Saison hat die Marke rund 140 Produkte im Sortiment, das vorrangig über den Lebensmitt­eldiskonte­r MPreis, aber auch über weitere Supermärkt­e vertrieben wird. Die Schokolade­manufaktur Zotter setzt ebenfalls auf Bio-vom-BergProduk­te, erzählt Gstir.

Die Genossensc­haftsform hält er für ideal, um im ländlichen Raum die kleinstruk­turierte Landwirtsc­haft zu erhalten: „Sie ermöglicht ein Wirtschaft­en zwischen den Blöcken. Noch weit weg vom Kommunismu­s, aber eben auch von den Auswüchsen des Großkapita­lismus.“Von Nachteil sei die schwerfäll­igere Entscheidu­ngsstruktu­r. Denn intern gilt das strikte Prinzip, dass kein Mitglied mehr als fünf Stimmen hat, egal wie viele Anteile man hält.

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Foto: APA Keine Milchkrise in den Tiroler Bergen: Preise blieben stabil.

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