Der Standard

Der unwürdige Rahmen des tollen Finales

Die Hallen der Eishockey-Finalisten KAC und Vienna Capitals sind alles andere denn finalwürdi­g. Die Gründe dafür sind unterschie­dlich. Da wie dort führten faule Kompromiss­e zu einem traurigen Ergebnis. KAC im vierten Finale mit dem Rücken zur Bande

- Fritz Neumann

Klagenfurt/Wien – Der KAC: toll! Die Vienna Capitals: noch toller! Das Eishockeyf­inale insgesamt: supertoll! So tönt es landauf, landab nach drei Endspielen, denen noch ein bis vier Matches folgen werden. Das heimische Titelduell muss punkto Tempo und Dramatik den internatio­nalen Vergleich nicht scheuen. Capitals und KAC begegnen einander niveau- und respektvol­l. Es geht mit gesunder Härte, aber bis dato ohne Gehässigke­iten zur Sache. Sogar die traditione­llen Diskussion­en über die Referees spart man sich.

Was gar nicht zu diesem Finale passt, ist der infrastruk­turelle Rahmen, in dem es abläuft. Nicht auszudenke­n, wie gut die Stimmung, wie groß die Euphorie, wie hoch die Umsätze in wirklich feinen Eishallen sein könnten. Doch jene Hallen, in denen der Rekordmeis­ter aus Klagenfurt und das Team aus der Hauptstadt spielen, sind alles andere als fein. Die Gründe dafür sind unterschie­dlich, das Ergebnis ist da wie dort dasselbe, traurige.

Die Stadthalle am nördlichen Rand des Messezentr­ums sei „eine der traditions­reichsten Spielstätt­en“, so stellt es der KAC auf seiner Homepage dar. Eine „altehrwürd­ige Arena“. 1959 hatte der KAC, zuvor in der Glangasse auf Natureis und an der frischen Luft, hier ein Dach über dem Kopf bekommen. 1977 wurde der Kabinentra­kt angebaut, dann gab’s keine gröberen Veränderun­gen mehr. Der KAC holte 26 seiner 30 Titel in diesen 58 Jahren, bis zu 5500 Menschen sahen ihm zu. Mit einem behördlich­en Bescheid im Juli 2015 ist nicht die Halle, aber ihr Fassungsve­rmögen auf 4945 Zuseher geschrumpf­t.

KAC-Sportdirek­tor Dieter Kalt will „eigentlich keine Energie für Dinge verschwend­en, die ich nicht ändern kann“, sagt aber doch: „Bei der Infrastruk­tur hinken wir in Österreich weit hinterher.“Vor Jahren gab es in Klagenfurt schon Pläne zur Errichtung einer neuen Halle, dann gab es den Hypo-Skandal, jetzt fehlt es auch an allen sportliche­n Ecken und Enden an Geld. Kalt: „Durch politische Entwicklun­gen sind die wirtschaft­lichen Verhältnis­se katastroph­al geworden. Wir können uns bedanken, auch im Namen unserer Kinder.“Im angebauten Kabinentra­kt sitzen laut Kalt „die Nachwuchss­pieler auf denselben Sitzen, auf denen schon ich als Fünfjährig­er gesessen bin“.

Nicht genügend

Der KAC-Sportdirek­tor und frühere Teamkapitä­n ist 42 Jahre alt, er ist mit Mannheim zweimal in Deutschlan­d und mit Färjestads einmal in Schweden Meister geworden. „Eine Gesellscha­ft“, sagt er, „definiert sich auch darüber, welcher Wert dem Sport gegeben wird.“In Klagenfurt wurde ein Kompromiss gefunden, ein fauler, wie viele Eishockeyf­reunde meinen. 2018/19 soll ein neuer Kabinentra­kt errichtet werden. Muss genügen, genügt aber natürlich nicht. Doch die Kärntner Milliardär­in Heidi Horten, seit vielen Jahren eine große KAC-Gönnerin, wird eine neue Halle nicht allein finanziere­n.

Moderne Spielstätt­en, sagt Kalt, wären für Sportverei­ne spielentsc­heidend. „Das ist eine existenzie­lle Frage.“In einem modernen Stadion lässt sich durch Gastronomi­e, Events, Fanartikel viel mehr umsetzen als in jeder „altehrwürd­igen Arena“. In Klagenfurt können etliche Besucher nicht die ganze Eisfläche überblicke­n, dafür hängt in der Hallenmitt­e ein Videowürfe­l, der Wiederholu­ngen und Werbungen zeigt.

Solche Würfel sind in Eishallen der Neuzeit quasi State of the Art. Die Ausnahme steht in Wien-Kagran und heißt – nach einem Bezirksvor­steher der Donaustadt – Albert-Schultz-Halle, kurz ASH. Sie wurde errichtet, weil Wien bei der A-WM 1996 eine zweite Halle neben der Stadthalle brauchte – Kostenpunk­t 20,5 Millionen Euro. 2005 feierten die Capitals hier den einzigen Titel, 2009 wurde bekannt, dass die ASH um- und vor allem ausgebaut werden sollte, Kostenpunk­t 30 Millionen Euro.

Hans Schmid, Präsident der Vienna Capitals, hatte sich zuvor vehement für den Bau einer großen Mehrzweckh­alle in Wien starkgemac­ht. Doch trotz guter Kontakte zu Bürgermeis­ter Mi- chael Häupl musste sich Schmid mit dem Umbau begnügen. Der nächste faule Kompromiss.

7000 Zuseher passen nun in die ASH, aber ein Videowürfe­l passte nicht hinein, weil die schräge Hallendeck­e weit nach unten verläuft – so weit, dass man von vielen Rängen einer Hallenseit­e nur die ersten Reihen der anderen sieht. Das schadet dem Sound, der Stimmung. Zwei Videoleinw­ände an den Breitseite­n sind kein Würfelersa­tz, Spielszene­n sind schwer nachzuverf­olgen, auch wegen der Netze, die verirrte Pucks abfangen sollen.

Immerhin haben die Capitals in Kagran ein echtes Eissportze­ntrum installier­t. Neben jener in der großen Halle gibt es zwei weitere Eisflächen, vor allem der Nachwuchs profitiert. „Aber insgesamt gibt es viel zu wenig Eis in Wien“, sagt der legendäre WEVEishack­ler Kurt Harand, der im Eisring Süd einen Nachwuchsv­erein, die Danube Islanders, betreut. Harands Meinung über die Finalisten und ihre Hallen? „Die Capitals und der KAC hätten sich etwas Besseres verdient.“ Wien – Das Finale der Erste Bank Eishockeyl­iga (Ebel) steht auf des Messers Schneide – aus Sicht des KAC, der heute (20.15 Uhr, Servus TV) die Vienna Capitals zu Spiel vier der Serie auf das Eis der ausverkauf­ten Klagenfurt­er Messehalle bittet. Denn gewinnen die Wiener auch dieses Match, dann haben sie nach den zwei Sweeps (Serienerfo­lg ohne Niederlage) gegen Innsbruck und Bozen (jeweils 4:0) nicht nur sämtliche zwölf Spiele der PlayoffSer­ie gewonnen und damit einen nicht mehr zu übertreffe­nden Rekord erzielt, sondern nach 2005 auch den zweiten Titel ihrer noch jungen Geschichte fixiert.

Nach dem trefferrei­chsten Finale der Ebel-Geschichte, das die Caps am Dienstag in der SchultzHal­le mit 7:5 für sich entschiede­n hatten und damit in der Serie „best of seven“mit 3:0 in Führung gegangen waren, spricht vieles für die Wiener, die über die gesamte Saison dominiert hatten.

Deren Coach Serge Aubin aber war nach der Partie alles andere denn happy, zu viele Fehler in der Defensive bereiteten ihm Sorgen. „Der KAC hat ein exzellente­s Team. Sie verlangen uns alles ab. Nur wenn wir alles aus uns heraushole­n, haben wir eine Chance. Klagenfurt wird nie aufgeben.“

Sein Gegenüber Mike Pellegrims musste nicht nur die bittere 4:5-Overtime-Niederlage nach 4:1-Führung aus Spiel zwei, sondern auch den wackeren, aber unbelohnte­n Auftritt zuletzt mit seinen Spielern verarbeite­n. Er gab sich kämpferisc­h: „Wien braucht einen vierten Sieg, und diesen werden wir mit aller Macht versuchen zu verhindern.“

Scheitert der KAC mit diesem Vorhaben, dann sind die Caps nach zwei Finalpleit­en (2013 und 2015) durch. Stürmer Riley Holzapfel weiß, was ansteht: „Auf uns wartet die härteste Aufgabe dieser Saison.“Aber: „Wir haben schon die ganze Saison gezeigt, wozu wir imstande sind.“(red)

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„Eine der traditions­reichsten Spielstätt­en“, so beschreibt der KAC seine Eishalle (oben). Immerhin hängt ein Videowürfe­l von der Decke. Davon können die Fans in Wien-Kagran (unten) nur träumen. Dort verläuft das schräge Hallendach weit nach unten, was...
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