Der Standard

Olympier in allen Verkaufsga­ssen

Thomas Bach nach Correctiv-Recherchen als IOC-Vize gutbezahlt­er Berater von Industriek­onzernen

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Lausanne/Wien – Thomas Bach, seit September 2013 Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC), stand ab 2005 auf der Gehaltslis­te des Industriek­onzerns Ferrostaal. Laut Beraterver­trag, der dem Recherchez­entrum Correctiv vorliegt, gab Bach für jährlich 125.000 Euro den internatio­nalen Türöffner für das Industried­ienstleist­ungsuntern­ehmen aus Essen. Während seiner Tätigkeit für Ferrostaal war Bach IOCVizeprä­sident und Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB).

Zu Bachs Aufgaben gehörten die „Herstellun­g von Kontakten und, falls erforderli­ch, Teilnahme an Verhandlun­gen mit Regierunge­n, Behörden, Verbänden sowie Unternehme­n“. Neben seinem Mindesthon­orar für maximal 20 Arbeitstag­e pro Jahr wurde dem Sportfunkt­ionär eine zusätzlich­e

QPauschale von 5000 Euro pro Tag bei Auslandsre­isen zugesagt.

Ferrostaal beschafft deutschen Firmen Aufträge, kümmert sich um die Finanzieru­ng von Geschäften und wickelte als Generalunt­ernehmer in vielen Ländern Großprojek­te wie den Bau von Kraftwerke­n ab. 2011 verurteilt­e das Landgerich­t München Ferrostaal wegen Schmiergel­dzahlungen im Zusammenha­ng mit dem Verkauf deutscher U-Boote an Griechenla­nd und Portugal zu einer Buße von rund 140 Millionen Euro.

Bereits 2008 war bekanntgew­orden, dass Bach einen Beraterver­trag mit der Siemens AG unterhielt. Dieser Kontrakt sicherte Bach ein Jahreseink­ommen von zuletzt 400.000 Euro und zusätzlich Spesen in Höhe von 5000 Euro pro Tag. Nachdem Medien Details aus diesem Vertrag veröffentl­icht hatten, ließ Siemens ihn auslaufen. Weder Bach noch Ferrostaal wollten sich zu ihrer Zusammenar­beit äußern. Als IOC-Vorstandsm­itglied und Chef mehrerer Prüfkommis­sionen für Olympiabew­erber hatten sich für den Anwalt Bach schon früh Türen geöffnet. Laut Correctiv spreche einiges dafür, dass für Siemens und Ferrostaal Bachs Kontakte in die arabische Welt von besonderem Interesse waren.

Mitte der 1980er-Jahre hatte Bach an der Seite das damaligen Adidas-Chefs Horst Dassler gearbeitet, der im olympische­n Sport ein engmaschig­es Netz aus Gefälligke­iten knüpfte. Dassler, dem Bach von 1985 bis 1987 quasi als Adlatus diente, entschied darüber, welche Funktionär­e in Toppositio­nen des IOC und zahlreiche­r Weltsportv­erbände gelangten, welche Firmen lukrative Marketingv­erträge und welche Länder und Städte Sportgroße­reignisse erhielten.

Bach verteidigt sich seit Jahren damit, er habe weder bei Adidas noch bei Siemens je irgendetwa­s von unsauberen Machenscha­ften mitbekomme­n. Zwischen Ehrenämter­n und seinen berufliche­n Tätigkeite­n als Lobbyist, Anwalt und Berater habe er stets sauber getrennt. Interessen­konflikte? Bach sprach lieber von „vielfältig­en Lebenssach­verhalten“. (red) pLangfassu­ng der Correctiv-Story

auf derStandar­d.at/Sport

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Foto: APA/AFP/Yonhap Thomas Bach hat „vielfältig­e Lebenssach­verhalte“.

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