Der Standard

Wenn Rebellen sticheln

- David Krutzler

Mittlerwei­le muss Michael Häupl selbst in vertraulic­hen Wiener Parteisitz­ungen achtgeben, welche Worte er wählt. Denn diese finden, sofern sie ihm zum Nachteil gereichen, unmittelba­r den Weg an die Öffentlich­keit. „Zeitnah“werde er sich nach der Nationalra­tswahl zurückzieh­en, soll er am Mittwoch vor den Genossen angekündig­t haben. Für die Parteirebe­llen bedeutet zeitnah „sofort“: Sie fordern nach der Wahl einen Sonderland­esparteita­g. Regulär könnte ein Nachfolger Häupls erst 2019 wieder gekürt werden. Beim Landespart­eitag in drei Wochen kandidiert Häupl erneut – und die Wahl zum Landespart­eivorsitze­nden findet nur alle zwei Jahre statt.

Trotz der Aussprache vor einer Woche hat Häupl die Parteirebe­llen nicht unter Kontrolle. Diese wollen Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig schnellstm­öglich als Nachfolger installier­en. Sie interpreti­eren Häupl-Aussagen für ihre Zwecke, halten die Nachfolged­iskussion am Köcheln und sticheln gegen den Langzeitbü­rgermeiste­r. Häupl lässt die Kritiker agieren – und Durchsetzu­ngskraft vermissen.

Die Wiener SPÖ ist heillos zerstritte­n. Eine Eskalation gibt es nur deshalb noch nicht, weil der linke Parteiflüg­el derzeit ohne Nachfolgek­andidaten darniederl­iegt und Häupl auf Harmonie bedacht ist. Die große Frage ist, ob sich der linke Flügel doch noch dazu entschließ­t, das von den Rebellen vorgezeich­nete Szenario nicht zu akzeptiere­n. Attacken gegen Ludwig wären dann programmie­rt.

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