Kopf des Tages
Eine Russin mit großer Liebe zur bildenden Kunst
Ekaterina Degot wird ab 2018 Intendantin des Steirischen Herbstes. Sie wolle das Festival noch „frecher und frischer“machen.
Es sei ihr „eine große Ehre“, den Steirischen Herbst zu leiten, sagte Ekaterina Degot am Freitag, nur 30 Minuten nachdem sie selbst erfahren hatte, dass sie sich gegen 77 andere Bewerbungen durchgesetzt hatte. Die Kunsthistorikerin, 1958 in Moskau geboren, ist international gut vernetzt und schon seit den 1980er-Jahren, also der Perestrojka-Zeit, eine unerschrockene, politische, kritische Kuratorin und Kunstjournalistin.
Sie wolle das Festival „noch frecher und frischer machen“, sagte sie. Dabei werde sie auch Künstler aus ihrer Heimat einladen. Dort könne man „eingesperrt werden, weil man demonstriert hat oder nur zur falschen Zeit am falschen Ort war“, sagt Degot, „aber die Kunstszene ist sehr gut. Künstler spüren nicht nur von der Politik, sondern auch von Kapitalismus und Neoliberalismus einen enormen Druck“, erzählt sie dem Standard.
Degot wird 2018 als sechste Intendantin des Festivals, das heuer sein 50-Jahr-Jubiläum feiert, die Nachfolge von Veronica Kaup-Hasler übernehmen, die das Mehrspartenfestival mehr als zwölf Jahre lang erfolgreich leitete. Zieht man die Vorlieben der beiden Frauen in Betracht, könnte sich der Schwerpunkt des Grazer Festivals etwas weg von Theater und Performance, wo Kaup-Hasler stark verankert war, hin zur bildenden Kunst verlagern. „Ein bisschen vielleicht“, räumt Degot ein, die jedoch betont, dass sie auch Theater schätze. „Aber ich glaube, dass bildende Kunst ein enormes Potenzial hat.“
Degot ist derzeit noch Leiterin der Akademie der Künste der Welt in Köln, wo sie das zweimal jährlich stattfindende interdisziplinäre Festival, die Pluriversale, gründete. Davor war sie unter anderem leitende Kuratorin der Staatlichen Tretjakow-Galerie, kuratierte den russischen Pavillon auf der Biennale in Venedig 2001 sowie zahlreiche Projekte in St. Petersburg, Helsinki, Wien, Berlin und Liège. Sie lehrte an der Europäischen Universität St. Petersburg und an einigen europäischen und US-amerikanischen Universitäten.
Deutsch lernte Degot, die auch Englisch und Französisch spricht, neben ihrem Studium: „Bei uns war – in der auslaufenden Sowjetzeit – die deutsche Romantik hoch im Kurs, und ich liebte auch das österreichische Biedermeier.“Besonders hatte es Degot der Maler Ferdinand Georg Waldmüller angetan. Theater spielt für sie privat auch eine Rolle: Degots Tochter ist Schauspielerin in Moskau. Die Mutter aber zieht bald nach Graz.