Zweidritteldoktor
Es kann so schnell passieren. Einzig von der Liebe zu Erkenntnis und Wissenschaft getrieben, brüten angehende Jungakademiker über ihren Doktorarbeiten und versuchen, ihr Scherflein zum Fortschritt der Menschheit beizutragen. Dass man bei dieser zehrenden Arbeit gelegentlich in eine Grauzone unseres Bildungssystems gerät und versehentlich das Vorwort zur Gänze bzw. sonst irgendwie ein Drittel seiner Dissertation abschreibt, sollte unter zivilisierten Menschen eigentlich nobel übergangen werden und keiner Rede Wert sein.
Leider ist Österreich ein Land der Neider. Daher wurde diese Woche ruchbar, dass dem steirischen Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann der Doktortitel aberkannt wird, nur, weil er in einem unkonzentrierten Moment darauf vergessen hat, in seiner Dissertation Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Fremdquellen wie der Zeitung des ÖVP-Wirtschaftbundes korrekt auszuweisen.
Der Pferdefuß: Wenn Buchmann das Doktorat wegen des abgeschriebenen Dissertationsdrittels aberkannt wird, erfahren die beiden nicht abgeschriebenen Drittel keine adäquate akademische Würdigung. Das ist unfair. Die Universitäten sollten daher für solche Fälle neue Titel einführen. In einem ersten Schritt müssten die zuständigen Senate das Verhältnis von abgeschriebenen und originären Dissertationsteilen bestimmen.
Daran bemäße sich dann die am Originaltitel vorzunehmende Modifikation, also „Vierteldoktor“, „Fünftelmagister“, „Achtelbachelor“usf. Weil „Zweidritteldoktor“in ausgeschriebener Form klobig wirkt, käme stattdessen auch eine numerische Schreibweise in Betracht (Dr. 2/3, 0,45-Mag. etc.).
Es wird auch Arbeiten ohne jede wissenschaftliche Eigenleistung geben. Dann sollte zumindest durch ein Ehrendoktorat die implizite Wertschätzung für das Hochschulwesen anerkannt werden, welche der „Dissertant“durch seinen missratenen Erschleichungsversuch erkennen ließ. Ein dafür noch zu schaffender Ehrendoktor des Plagiatswesens (Dr. plag. honoris causa) wäre nicht übel.